Musik abmischen: Warum klingt mein Mix im Auto nicht gut?

Von Jonas  |  Mix-Praxis 

Warum klingt meine Musik m Auto immer schlechter als im Studio?

Keine Frage bekomme ich häufiger gestellt: Ich will meine Musik abmischen, aber warum klingt meine eigene Musik im Studio super, im Auto aber gar nicht oder völlig anders? Es gibt zwar nicht die eine Antwort (und vor allem auch nicht die schnelle Lösung für dieses Problem), aber hier gebe ich Dir ein paar Lösungsstrategien, um aus diesem Dilemma herauszukommen, damit Deine Musik demnächst sowohl im Studio als auch im Auto gut klingt.

Musik abmischen, aber es klingt im Auto nicht gut

Zunächst einmal ist ja die Frage, was ist in diesem Zusammenhang eigentlich gut? Die kann man aber schnell beantworten, indem man sich einfach ein paar Hits im Autoradio anhört und feststellt, die klingen alle klasse. Zudem klingt es im Auto immer gut, weil natürlich nicht nur Ingenieure hier eine Menge Hirnschmalz in einen guten Klang gesteckt haben, sondern weil ein Auto im Gegensatz zu einem Studio auch akustisch bessere Voraussetzungen mitbringt. Es ist kleiner, dick gepolstert, hat kaum Reflexionen und die Raumresonanzen halten sich auch im Rahmen. Mit anderen Worten ein optimierter Raum, den Du zudem gut kennst, da Du dort soviel Zeit verbringst und die Anlage genau kennst und weißt, wie sie klingt.

Der letzte Punkt ist aber der Entscheidende: Du kennst die Anlage genau, weißt zu 100% wie sie mit Musik jeder Art klingt und hast eine genaue Vorstellung davon, wie Musik dort klingen muss. Du hast diese Abhöre also kennengelernt, kennst ihre Vor- und Nachteile und kannst damit bestens umgehen.

Eigenes Studio vs Anlage im Auto

Wenn Du Dir den letzten Absatz noch einmal durchliest und versuchst, ihn auf die Abhöre in Deinem Studio zu übertragen, kannst Du dann die gleiche Aussage genau so treffen? Also hast Du in Deinem Studio viel Zeit damit verbracht, professionelle Musik zu hören? Hast Du Dir Zeit genommen Deine Abhöre in Deinem Raum in Ruhe kennenzulernen, die Vor- und Nachteile, die Schwächen und Stärken blind zu kennen und genau zu wissen, wie professionelle Musik dort klingen muss?

In der Regel lautet die Antwort auf diese Frage „Nein, eigentlich nicht!“. Wir vertrauen unserer Technik, den sorgsam ausgesuchten Boxen (laut Testbericht sind die ja schließlich Spitze!), den Möglichkeiten der DAWs, den Tipps, Tricks und Strategien aus dem Recording-Blog und so weiter. Aber wir haben unseren Ohren nie die Gelegenheit gegeben, den Studio-Raum und die Abhörsituation genau so gut kennenzulernen, wie die in unserem Auto.

Erkenntnis und Konsequenz

Aber was folgert daraus? Das einfachste wäre, Du würdest m Auto mischen. Das geht aber in den meisten Fällen nicht, auch wenn ich schon davon gehört habe, dass Mix-Engineers sich ein Auto als Kontrolle ins Studio stellen wollten. Nein, die Konsequenz ist natürlich so einfach, wie aber auch zeitaufwendig. Du musst Dich in Dein Studio setzen, und Dir professionelle Musik dort anhören, wo Du später selber welche machen möchtest.

Setz Dich also in Dein Studio, nimm Dir 10 oder 20 Titel, die für Dich sowohl im Genre als auch von Deinem Musik-Geschmack her wichtig sind und hör Dir diese Musik im Studio an. Hör sie immer wieder, nimm Dir jeden Tag und auch zwischendurch mal Zeit, setz Dich hin und hör Dir die Musik im Studio über Deine Abhöre an  – ohne eine Maus anzufassen oder etwas anderes dabei zu tun.

Hab Geduld, es lohnt sich

Das klingt auf den ersten Blick überhaupt nicht cool, fancy und es ist vor allem nicht die schnelle Lösung Deines Problems. Was diese Übung aber bewirkt ist, dass Du mit der Zeit viel besser weißt, wie professionelle Musik in Deinem Studio klingen muss. Mit anderen Worten Du kennst nicht nur das genaue klangliche Verhalten Deiner Abhöre, sondern wirst auch geschmackssicherer.

Du kannst nämlich dann genau sagen, wie laut oder fett eine Kick in Deinem Studio klingen muss, weil Du hast ja gehört wie die von RAF Camora oder wahlweise AC/DC dort klingt. Oder wie fett ein Bass dort klingen muss, wie das Verhältnis von Gesang zu Playback bei den Profis ist, wie laut ein Hall oder das Delay hinter dem Gesang stehen darf oder wie schmal eine Strophe und wie breit ein Refrain klingen sollte.

Was kannst Du am Ende erwarten?

Der Lerneffekt ist bei dieser Übung immens und wirkt sich über die Zeit immer positiver auf Deine Mixe aus. Denn da Du nun genau weißt, wie Musik im Studio klingen muss, wenn sie mit den großen Hits Deiner Vorbilder oder Referenzen mithalten soll, wird es auch im Auto keine Überraschungen mehr geben. Das Auto wird dann nur noch ein letzter Check, ob tatsächlich alles in Ordnung ist. Da Du aber vorher schon wusstest, dass es im Studio so gut klingt wie die Hits, gibt es absofort im Auto keine bösen Überraschungen mehr!

Orientierung, Raumprobleme und technische Hilfsmittel

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich ein paar technische Hilfsmittel, die Dir entweder zur Orientierung dienen falls Du Dich nicht nur auf Deine Ohren verlassen möchtest, und die zum anderen auch helfen sollen akustische Raumprobleme zu überwinden. Denn wie sagt man so schön, man kann nichts mischen, was man nicht hört!

PG-AMM Lite von Masterpinguin
PG-AMM Lite von Masterpinguin

Zur Orientierung, also um zu schauen ob ich bei der Frequenzverteilung im gesamten Mix weitgehend im üblichen Rahmen bin, nutze ich neben einem Analyzer wie dem PG-AMM-Lite von Masterpinguin (hier klicken für den Link) gerne das Hilfsmittel „Tonal Balance Control“ von Izotope.

Tonal Balance Control von Izotope
Tonal Balance Control von Izotope

Tonal Balance Control gibt Dir über den gesamten Frequenzbereich einen „Korridor“ vor, in dem sich gewöhnlicherweise moderne Musik bewegt. Mit anderen Worten Du kannst mit dem Tool gut überprüfen, ob Du in dem ein oder anderen Frequenzbereich deutlich über´s Ziel hinausschießt, oder (wie bei mir oft in den Mitten) eher unterrepräsentiert bist. Also eine Super-Orientierungshilfe wenn man nichts mehr hört oder für Frequenzbereiche, die man auf der eigenen Abhöre eh nicht hören kann!

Lerne und verstehe

Allerdings gilt auch hier, dass man lernen muss die Anzeige zu „lesen“ und richtig zu interpretieren. Denn Tonal Balance Control gibt nur einen durchschnittlichenn Rahmen für verschiedene Genres vor. Wenn Du also wissen willst, ob Du für Dein Genre im richtigen Korridor bist, nimm Dir wieder Zeit und die Musik aus Deiner Playlist und lass diese nun mal durch Tonal Balance Control laufen. Beobachte vor allem, wie die Kurve sich entsprechend der verschiedenen Stellen in der Musik verhält. Hier folgend siehst Du zum Beispiel die Kurven von Dua Lipas „Dont stop“, von Daft Punks „Give Life back to Music“ und daneben meine Kurve vom PREMIUM-Mix im September 2021 „Ohne Dich“:

TBC Daft Punk
TBC Dua Lipa
TBC Ohne Dich

 

 

 

 

Das sind natürlich alles Momentaufnahmen, aber man erkennt klar, das es nicht das Ziel sein kann oder muss, immer im vorgegebenen Korridor zu bleiben. Vielmehr sollte man darauf achten, nicht zu deutlich abzuweichen. Und um das zu erkennen, ist Tonal Balance Control ein gutes und hilfreiches Werkzeug!

Training für die Ohren für besseren Sound im Auto

Damit habe ich Dir hoffentlich eine wichtige Tür aufgemacht, durch die Du jetzt nur noch gehen musst. Um aber ehrlich zu bleiben, ist es eher ein längerer Weg, also ein Tunnel, an dessen Ende aber das gelobte Land und damit viel besserer Sound Deiner Mixe im Auto lockt. Und damit lohnt es sich auch die Strecke zu gehen, zumal Musik hören im Studio ja auch Spaß macht und so das beste aus beiden Welten vereint, nämlich Spaß und Training und das ist zumindest in den meisten Fitness-Studio nicht garantiert!

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