Beim Abmischen eines Songs ist der Gesang, also neudeutsch die Vocals sicherlich neben dem Schlagzeug (also Drums) die Königsdisziplin. Immerhin muss man nicht nur dafür sorgen, dass der/die Sänger*in möglichst gut klingt, man muss auch in einem dichten Mix jedes Wort verstehen können, denn sonst bleibt ja der Text auf der Strecke. Im Laufe der Zeit entwickelt daher nicht nur jeder Mix-Engineer, sondern auch jeder ambitionierte Hobbymischer seine eigene Strategie und PlugIn-Kette beim Abmischen der Vocals.
Vocals abmischen – Erste Vorbereitungen
Damit die Vocals auch in jeder Situation im Mix gut klingen, hilft es aber neben einer grundsätzlichen PlugIn-Kette auch noch verschiedene Ansätze je nach Songteil zu berücksichtigen. Das macht Sinn, denn allein die Tatsache, dass in der Strophe meistens deutlich weniger Instrumente spielen als im Refrain oder in einem ruhigen Mittelteil macht schon klar, dass man den Gesang nicht mit einer „one size fits all“-Strategie abmischen kann. Ich lege daher gerne unterschiedliche Spuren für meine verschiedenen Vocal-Parts an: einen Kanal für die Strophe, einen für den Refrain und je nach bedarf auch noch einen für den C- oder Zwischenteil.
Mehr Dynamik-Kontrolle beim Vocals abmischen
Die Stimme ist sicherlich eins der dynamischsten Instrumente im Mix. So kann sich das Gesungene sehr schnell von leise und ruhig zu laut und brachial entwickeln. Selbst einzelne Silben können deutlich lauter sein, als die direkt folgenden. Außerdem singen Ungeübte direkt nach dem Luft holen lauter als am Ende einer langen Passage. All das gilt es zu bedenken, wenn man die Vocals mit Blick auf die Dynamik für den Mix vorbereitet. Wie man das Ganze von Hand angehen kann, habe ich schon mal ausführlich hier beschrieben. Falls Dir das zu aufwendig ist, geht es aber auch mit einem PlugIn, namentlich dem Vocal Rider von Waves, den ich hier auch schon mal besprochen haben!
Egal ob händisch oder mit dem PlugIn, im ersten Schritt sorge ich immer gerne dafür , dass die vorliegende Gesangsperformance schon mal ein wenig weniger dynamisch ist, bevor dann tatsächlich das erste PlugIn auf den Plan tritt und damit meine eigentliche Vocal-Kette startet, nämlich der Kompressor.
Der 1176 als Standard-Kompressor für Vocals
Nenn es Gewohnheit, Reflex oder einfach Standard: Der 1176 Kompressor, oder zumindest ein Kompressor, der genau so funktioniert wie ein 1176, gehört bei mir zur ersten Wahl wenn es darum geht Gesang zu komprimieren. Nicht nur ist er einfach einzustellen, er liefert auch immer das Ergebnis ab, das ich von ihm erwarte: Vocals, die stabil und ohne großes Pumpen vor dem Mix platziert werden können. Meine Standard-Einstellung für den 1176 als Vocal-Kompressor habe ich übrigens hier schon mal gezeigt und erklärt!
Equalizer beim Vocals abmischen – vor oder nach dem Kompressor?
Es scheint teilweise religiöse Bedeutung zu haben, wenn man manchen Diskussinen folgt, wo beim Vocals abmischen der Equalizer eingesetzt werden soll: vor dem Kompressor oder nach dem Kompressor? Ich bin da deutlich pragmatischer und gehe das Ganze von der problemstellung aus an. Wnen ich beim ersten Anhören der Stimme Frequenz-Probleme feststelle, also unangenehm klingende Frequenzbereiche höre, dann nehme ich den EQ und beheb diese, bevor ich zu einem weiteren Plugin greife. Fallen mir erst mal keine Probleme auf, kompriiere ich zunächst und nutze anschließend den Equalizer für weitere Korrekturen im Frequenzverlauf. Dies vor allem im direkten Zusammenspiel des Gesangs mit der Musik. ich stelle den EQ also ein, während ich den Gesang zusammen mit dem Playback anhöre. So kann ich sofort erkennen, ob der Gesang irgendwo Frequenzen enthält die zusammen mit der Musik überb- oder unterbetont wirken. Überbetonungen kann ich mit subtraktivem Equalizer entfernen, was meistens direkt zu einem deutlich klareren Klangbil der Stimme führt.
Scharfe S-Laute mit dem DeEsser korrigieren
Ist die Stimme komprimiert und erklingt klarer, treten zumeist die S-Laute deutlicher hervor und können damit unangenehm in den Vordergrund treten. DA diese durchaus schneidend aus dem Mix hervortreten können, nutze ich in der Regel nach der Bearbeitung der Vocals mit Kompressor und EQ einen DeEsser. Dabei handelt es sich um einen dynamischen Equalizer, der nur in einem einstellbaren Frequenzbereich der S-Laute zwischen 5 und 10 khz eingreift und auch nur diesen Frequenzbereich komprimiert, wenn dieser zu laut wird. Gefühlvoll eingestellt kannst Du mit dem DeEsser die S-Laute entschärfen. Wenn der Sänger oder die Sängerin allerdings klingt, als würde sie lispeln, bist Du über das Ziel hinausgeschossen und musst nun den DeEsser einfach ein wenig zurücknehmen. Schon solltest Du den richtigen „Arbeitspunkt“ des DeEssers gefunden haben.
Saturation – Wunderwaffe für kräftige Vocals
Ist die Gesangsperformance so grundsätzlich gut aufbereitet und im Mix platziert, nutze ich gerne Saturation oder leichte, unauffällige Verzerrung, um die Vocals im Mix noch etwas griffiger zu machen. Der Begriff ist nicht wirklich greifbar, aber mit einem Plugin wie zum Beispiel dem Decapitator von Soundtoys oder dem Camel Crusher kann man seinen Vocals harmonische Obertöne und Verzerrungen hinzufügen, die dafür sorgen, dass die Stimme sich etwas engagierter und aggressiver anhört, ohne dabei aber voll verzerrt zu sein. Das geht auch, ist aber eher ein Effekt. Unauffälliger eingesetzt sorgt die Saturation vor allem für den Eindruck, dass die Stimme professioneller und irgendwie engagierter klingt. Also Fingerspitzengefühl ist gefragt, dann bekommen die Vocals auch das gewisse Etwas!
Je nach Bedarf weitere Korrekturen der Vocals
Nach so weitreichenden BEarbeitungen kann es durchaus passieren, dass noch mal ein Freuqnezbereich übe roder unterrepräsentiert ist, oder dass die S-Laute noch zu auffällig sind. Hier muss man je nach Stimme noch mal korrigierend mit einem weiteren Kompressor, EQ oder auh DeEsser eingreifen, um das jeweilige Probel zu beheben. FOlgende Probleme fallen mir in dem Zusammenhang ein:
Einzelne Silben gehen noch unter? Entweder diese Silben frischneiden und per Clip-Gain gezeilt lauter machen. Oder mit einem weiteren Kompressor noch etwas nachbearbeiten, bis alles gut zu hören ist. Alternativ hilft es auch manchmal einfach am Fader ein bisschen lauter zu machen.
Die Stimme ist nach dem DeEsser etwas zu dumpf? Einfach mit einem breitbandigen EQ wie dem Pultec ein wenig die Höher hervorholen.
Vocals räumlicher machen und in der Musik platzieren
Bei der räumlichen Wahrnehmung der Vocals, also der Platzierung der Stimme im akustischen „Bild“ gibt es verschiedene Vorgehesweisen und meine bevorzugte Art eine räumliche Wahrnehmung jeden Signals mit 3 Plugins zu erzeugen habe ich in diesem Beitrag „Einfach räumlich: Hall schichtweise mischen für den echten Profi-Sound“ ausführlich erläutert (sehr zu empfehlen). Deshalb möchte ich auch an dieser Stelle weniger das „WIE“, als vielmehr das „WARUM“ thematisieren. denn speziell bei der Gestaltung der räumlichen Wahrnehmung
…. Fortsetzung folgt …