Wir mischen einen Song Episode 2 und nachdem wir letzte Woche die Session angelegt, geordnet und für den Mix vorbereitet haben, geht es nun ans Eingemachte: Wir dürfen die Drums abmischen. Das Schlagzeug (oder auch ein Beat) ist für mich immer der Startpunkt eines Mixes, denn in der Regel kreiert man hier en Herzschlag des Songs und legt das rhythmische und auch klangliche Fundament. Mit andern Worten die Drums sind ganz oft direkt nach den Vocals das wichtigste Instrument.
Wie Du übrigens selber mitmachen kannst, erfährst Du im ersten Teil unter diesem Link!
Drums abmischen – der Startpunkt
Egal ob Beat, Loop oder echtes Schlagzeug, die Bassdrum (oder auch Kick) ist der Kern eines jeden meiner Mixe. Hier definiere ich die rhythmische Basis und zugleich den klanglich sowie pegeltechnischen Fixpunkt für alle weiteren Mixentscheidungen. Denn der Pegel der Kick gibt vor, wie laut alle anderen Spuren im Verhältnis zur Kick gemischt werden. Wähle ich den Pegel der Kick zu laut, laufe ich Gefahr im weiteren Verlauf des Mixes zu laut zu werden und damit den Master-Bus noch vor einem potentiellen Mastering zu übersteuern. Hier ist also Zurückhaltung geboten nach dem Motto „Lieber insgesamt zu leise auf dem MasterBus als zu laut und damit übersteuert!“. Aber welcher Pegel ist der richtige?
Kick / Bassdrum-Pegel
Hier nutze ich in der Regel zwei Methoden, von denen keine besser ist als die andere und ich daher mal die eine mal die andere Methode nutze. Zum Einen kannst Du dafür sorgen, dass die Peaks Deiner Bassdrum beim ersten einpegeln nicht lauter als -12 db auf dem MasterBus ausschlagen. Lass also eine Stelle im Loop laufen, bei der die lautesten Kick-Schläge zu erwarten sind (z.B. letzter Refrain) und regele dann mit dem Kick-Fader so, dass die schnellen Peaks nicht höher als -12 bis -9 db ausschlagen. Damit sollte man genügend Headroom für den weiteren Mix haben. Wen Du ganz sicher gehen willst, stellst Du erst mit EQ/Kompressor/etc. den gewünschten Sound der Kick ein und pegelst dann die lautesten Peaks bei -12 bis -9 db ein.
Die zweite Methode funktioniert ähnlich, nutzt aber zum Messen der Peaks nicht de schnellen PEakmeter im MAsterBus, sondern ein separates VU Meter wie zum Beispiel den aus Studio One oder auch das VUMT von Klanghelm. Bei einem VU Meter reagiert die Nadel weniger hektisch als der Peakmeter im MasterBus und misst damit eher so wie auch unser Ohr hört – etwas träger halt. Klassischerweise wird ein VU-Meter so kalibriert, dass die 0 db-Marke in der Anzeige in Wirklichkeit – 18 dbFS entspricht. Beim Einpegeln der Bassdrum mit dem VU-Meter achte drauf, dass die lautesten Kickschläge im Bereich -4 bis 0 vu (volume units, also Lautstärkeeinheiten; 1 vu = 1 db) ausschlagen, was dann ungefähr – 18 bis -22 db entspricht. Der Wert ist hier zahlenmäßig deutlich niedriger, da das VU-Meter deutlich träger misst als ein Peakmeter. Im Peakmeter werden die Peaks mit der VU-Meter-Methode aber im ähnlichen Bereich landen wie bei Methode 1.
Kick Routing
Die Kick ist mit Blick auf den Rest des Schlagzeugs noch mal ein spezialgelagerter Sonderfall, denn man kann sie auf zwei Arten mit dem Schlagzeug mischen. Zum einen mischt man die Kick so, dass sie gut klingt und sendet sie dann zum „Drums komplett“-Bus. Damit wird sie zum Teil des gesamten Schlagzeugsounds, der auf diesem Bus gemeinsam beeinflusst werden kann.
Oder man sendet die Kick im Gegensatz zu allen anderen Drum-Signalen direkt zum „Mukke komplett“-Bus und hat dadurch noch mal separat mehr Kontrolle über den Kick-Sound im Mix. Zudem wird die Kick dann auch nicht zwingend verhallt (Drum Raum siehe unten) und würde auch durch Kompression/EQ auf dem „Drums komplett“-Bus nicht verändert. Man hat also mehr Kontrolle über die Bassdrum / Kick, weswegen ich je nach Song unterschiedlich, aber schon häufiger zum zweitgenannten Weg tendiere.
Kick abmischen
Beim Abmischen der Kick achte ich vor allem darauf, dass neben dem Druck im tieferen Frequenzbereich auch der Anschlag im Bereich 3 – 6 khz nicht zu kurz kommt. Natürlich hängt das vom Stil ab, wenn Du aber sicherstellen willst, dass Deine Bassdrum auch auf kleinen Lautsprechern wie z.B. Handys zu hören ist, solltest Du den Anschlagpunkt bei Bedarf mit dem EQ noch mal ein wenig hervorheben. Zu diesem Zweck kannst Du einen Standard-Equalizer aus der DAW nehmen, bei der Klanggestaltung per Anheben nutze ich aber auch gerne PlugIn-Nachbildungen analoger Vorbilder, wie zum Beispiel einen Pultec-, API 550/560 oder auch Neve-style Equalizer.
Der Kompressor sorgt dafür, dass der Unterschied zwischen lauten und leisen Schläge ein wenig ausgeglichen wird. Zudem kann man bei einem Kompressor mit Attack und Release auch noch den Gesamtklang der Kick gestalten bzw. steuern. Langsame Attackzeit bedeutet einen deutlicheren Anschlags-Transienten, also eine knackigere Kick. Kurze Attackzeit macht die Bassdrum entsprechend „runder“, dafür aber noch etwas ausgeglichener und weniger aufdringlich im Mix. eine kurze Release-Zeit dagegen habt den Körper der Bassdrum nach vorne, hebt also den Ausklang mehr hervor und macht die Kick länger und dicker. Mit einer längeren Attackzeit, die im Idealfall max bis zum nächsten Kick-Schlag dauert, kann man die Kick im Klang kürzer gestalten und damit auch frequenztechnisch schlanker machen.
Sowohl ein Limiter als auch Clipper-PlugIn können helfen, vorwitzige Transienten im Griff z halten ohne den gesamten Klangeindruck der Kick negativ zu beeinflussen. Gerade sehr schnelle und starke Transienten können einen Limiter auf dem MasterBus sehr früh und stark triggern, was zu einer ingesamt geringeren Gesamt-Lautheit des Songs führen kan. Hält man diese Transienten gezielt im Griff, zahlt sich das am Ende des Mixes aus!
Snare abmischen
Die Snare ist mit ihrem Backbeat (Schläge auf der 2. und 4. Zählzeit eines 4/4-tel-Taktes) der rhythmische „Gegenspieler“ der Bassdrum und bietet genau wie die Kick auch starke Transienten und die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sound mit EQ und Kompressor. Die oben genannten Effekte von Attack und Release lassen sich im Prinzip auch so auf die Snare (wie auf jedes transientenstarke Schlaginstrument) übertragen.
Der Equalizer dient auch bei der Snare der Klangformung, hilft aber auch dabei störende Resonanzen auszufiltern, die bei einer nicht optimal gestimmten Snare nicht unüblich sind, herauszufiltern. zu diesem Zweck sucht man die störende Resonanz mit einem schmalen Filterband und der Sweep-Methode (siehe dazu auch dieser Artikel) und senkt dann soweit ab, bis die Resonanz akustisch „entschärft“ ist. Zudem kann man mit einem LowCut unerwünschte Anteile der Bassdrum aus dem Snare-Mixc herausfiltern und mit einer Anhebung um die 200 hz mehr Druck in dünn klingende Snares bekommen. Für die Klanggestaltung gelten wieder die selben Plugin-Beispiele wie bei der Kick.
Overheads abmischen
Liegen die Overheads einer Stereo-Aufnahme auf zwei Spuren vor, route ich mir diese in der Regel zunächst auf einen Bus, auf dem ich die Overheads dann als ein Instrument weiter bearbeiten kann. Je nach Sound der Aufnahme nutze ich auch hier Equalizer, um per Lowcut die tieferen Frequenzen zu entfernen und kann mit einer leichten Absenkung bei 500 hz das Signal akustisch ein wenig entschlacken. Je nachdem ob die Overheads mehr oder wenige scharf in den Höhen klingen, kann man dann entweder mit einem DeEsser die Höhen dynamisch absenken oder mit einem Pultec-Style-EQ oberhalb 12 khz für einen luftigeren Sound leicht anheben. Auch ein Kompressor für ein ausgeglicheneres Signal kann hier helfen, wie zum Beispiel der verhältnismäßig langsame LA-2A-style Kompressor.
Aus 4 mach 1 – Drums abmischen
Um aus den Einzelspuren eines Schlagzeugs nun ein Instrument zu machen nutze ich für mich zumeist zwei verschiedene Ansätze, je nachdem, welchen Klang ich erzielen möchte. Soll das Schlagzeug homogen und unterstützend im Song erklingen, schiebe ich mit dem Fader zunächst die Overheads zur Bassdrum , sodass das Schlagzeug als gesamtes ausgeglichen erklingt, und nutze das Snare-Mikro dann als leichte Stütze.
Soll das Schlagzeug treiben und nicht so Becken-lastig sein, schiebe ich die Snare zur Bassdrum, bis die Peaks der beiden ungefähr im gleichen Bereich liegen und schiebe dann die Overheads so dazu, dass die Becken / HiHats nicht zu laut, aber schon noch vernehmbar sind. Dadurch treiben die Drums mehr und der Beat ist offensiver als bei der ersten Methode. Welchen Ansatz ich aber letztendlich nutze, hängt immer vom Song ab!
Schlagzeug in einen Raum „stellen“
Damit das Schlagzeug noch homogener klingt, schicke ich das Signal vom „Drums komplett“-Bus per send an einen Bus, auf dem ich ein Reverb mit einem Raum-Preset lade. Schiebt man den Raum in passendem Verhältnis zum Direktsignal, kann man einen schönen räumlichen Charakter für das Schlagzeug erzielen, der das Instrument noch mal größer wirken lässt – zumindest aber wird so akustisch aus den Einzelsignalen ein homogenes Instrument auf einer Bühne oder in einem Raum
Eigenes Reverb für die Snare
Unabhängig vom Raumklang der Drums bekommt auch die Snare noch mal einen eigenen Hall. Mit so einer eigenen Hallfahne kann man den Charakter der Snare noch mal anders positionieren. Man kann sie länger machen, mit einem Gated-Reverb wie Phil Collins klingen lassen, nur einen kurzen oder lieber längeren Nachhall hinzufügen, etc.. Zu dem Zweck sende ich per Send das Snare-Signal zu einem eigenen Bus, dessen Ausgang auch auf den „Drums komplett“-Buss geroutet wird.
Deiner Kreativität und Deinem Geschmack sind hier keine Grenzen gesetzt. Ich nutze in diesem Fall gerne einen Plate-Reverb, dessen Nachhall bis zum nächsten Snare-Schlag anhält oder sogar eins, dass ich richtig lang und dicht mache, nur um dann ein Noise-Gate dahinter zu schalten, dass nur so lange öffnet, bis der nächste Snare-Schlag kommt (Hold- und Release so einstellen, dass das Gate entsprechend beim nächsten Schlag schließt).
Parallel-Kompression für das gewisse Etwas
Als besonderes Gewürz kann man final noch ein hochkomprimiertes Signal dazumischen, das den Drum-Sound noch mal entscheidend verdichten kann, um sich im Mix später richtig gut durchzusetzen. Dazu sende ich das Signal vom „Drums komplett“-Bus auf einen weiteren Bus, auf dem ich das Signal nun mit einem 1176 im „All Button Modus“ stark komprimiere, und nach Lust und Laune noch mit einem Verzerrer/Overdrive/Clipper sowie einem Equalizer so „Verbiege“, dass es alleine nur noch nach Krach klingt. Das aber ganz subtil den eigentlichen Drums hinzugemischt bringt Power und Durchsetzungskraft, die gerade im Rock später essentiell werden kann. Aber bedenke: Die Dosis macht das Gift!
Der „Drums komplett“-Bus
Auf dem „Drums komplett“-Bus kann man nun noch mal mit einem Bus-Kompressor und dem passenden Preset mit 2 bis maximal 3 db Kompression die Drums weiter verdichten. Auch ein EQ wie der Pultec kann hier noch mal mit einem „breiten Pinselstrich“ im Bereich der Bässe oder Höhen letzte Anpassungen ermöglichen. Letztendlich gilt es aber nun erst mal den Rest des Songs hinzuzufügen, bevor man die Drums noch mal ein wenig genauer abmischt und in den Mix integriert.