Ein Equalizer wirkt auf das ganze Signal, das man ihm zuführt. Und bei einem Stereo-Signal natürlich auch auf beide Seiten, also links und rechts. Es gibt aber noch eine Möglichkeit ein Stereo-Signal mit dem Equalizer zu bearbeiten, nämlich die Mitte und das Seitensignal (Mid/Side, M/S) oder auch Summe und Differenz genant. Wir besprechen heute mal, was es damit auf sich hat, welche Vorteile sich aus diesem EQ-Einsatz ergeben und (!) wie man sich so einen EQ in Studio One gratis und mit Bordmitteln selber bauen kann – einfach weil der Pro EQ aus Studio One von Haus aus keine M/S-Bearbeitung unterstützt.
Stereo ist klar, aber was bedeutet Mitte/Seite?
Ein Stereo-Signal besteht aus zwei einzelnen Signalen, einem für Links und einem für Rechts. Macht zusammen Stereo. Man kann das Stereo-Signal aber auch anders betrachten: Alles, was aus beiden Boxen in Inhalt, Frequenzbild, Dynamik und Pegel gleich herauskommt, ist damit Mono. Denn wenn ein Mono-Signal aus zwei eigentlichen Stereo-Boxen erschallt, ist es auf beiden Seiten exakt gleich. Wenn man das mal als gesetzt ansieht, wird einem schnell klar, dass alles, was in beiden Boxen nicht gleich ist – also die Differenz zum Mono-Signal – der Anteil sein muss, der das eigentliche Stereo ausmacht. Und wenn es nicht Mono aus der Mitte kommt, muss es also das Seitensignal sein. So erklären sich dann auch die beiden Begriffe „Mitte/Seite“ (Mid/Side oder M/S) und „Summe/Differenz“ (Sum & Difference), die man damit synonym benutzen kann.
M/S-Equalizer in Studio One nachbauen
Studio One hat von Haus aus keinen M/S-fähigen Equalizer an Bord. Aber es bietet alle Hilfsmittel, mit denen man einen EQ in die Lage versetzt, das Mitte oder das Setzte-Signal zu bearbeiten. Alles was man dazu benötigt ist das Mixtool-Plugin, der Splitter und natürlich der PRO EQ aus Studio One. Die Schaltung ist nun wie folgt:
Zunächst öffnet man über den kleine angedeuteten Drehknopf im Kanal den Kanal-Editor
und bei diesem oben links den Punkt Routing.
Daraufhin öffnet sich dieses Fenster:
Hier findet nun die Magie statt, die im Endergebnis so aussieht:
Und so gehts: DIY EQ mit M/S-Schaltung
Als erstes ziehen wir in das Fenster ein Mixtool, in dem wir „MS Transport“ aktivieren, was die Umwandlung zu M/S vornehmen soll und das Stereo-Signal nun aufteilt in Mitte (ab jetzt links zu hören) und Seite (ab jetzt auf der rechten Seite). Zusätzlich heben wir den Ausgangspegel um 3 db an, weil die in der Transformation verloren gehen.
Es folgt der Splitter, den Du einfach unterhalb des Mixtools ziehen kannst, indem Du auf die Hand klickst und das Ganze unterhalb des Mixtools wieder loslässt:
Der Splitter wird wie im Bild auf Kanal-Split gestellt, was bewirkt, dass das Signal nun in einen linken (Mitte) und einen rechten (Seite) Kanalfluss gelenkt wird, in die wir nun jeweils zwei Equalizer ziehen können:
Der Einfachheit halber benenne ich die EQs nun noch so, dass ich sie für Mitte und Seite auseinanderhalten kann. Dazu einfach auf den kleinen Pfeil beim EQ-Symbol klicken und Umbenennen wählen.
Zum Abschluss ein weiteres Mixtool, das wieder auf MS-Transform gestellt wird und erneut 3 db ergänzt – fertig:
Anwendungsbeispiele für den M/S-Equalizer
Ab jetzt kannst Du im Kanals, in dem Du diesen Aufbau vorgenommen hast, die Mitte und Seite getrennt mit dem Equalizer bearbeiten. Das kann zum Beispiel in folgenden Anwendungsszenarien hilfreich werden:
- Du hast einen Beat, der nur bei Kick und Bass mehr tiefe Frequenzen bekommen soll, nicht aber bei den breiten Synthesizern? Kein Problem, eine leichte Anhebung der Bässe unterhalb von 100 oder 80 hz um max 3 db im MID-EQ sorgt für mehr Druck, ohne den ganzen Mix oder Beat zuzumatschen.
- Du benötigst etwas mehr „Platz“ im Beat, um die Vocals besser einzubetten? Schau einfach mal per Analyzer ins Frequenzbild der Vocals im Bereich 1 – 3 kHz. Der Frequenzbereich, in dem am meisten stattfindet, ist derjenige, den Du nun im MID-EQ von deinem Beat mit einer leichten Absenkung so aufräumst, dass mehr Platz für Deine Vocals bleibt. Und sollen Deine Vocals noch besser eingefasst werden, kannst Du im selben Frequenzbereich auch auf den Seiten leicht anheben.
- Tipp Nummer 2 funktioniert nicht nur bei Beats, sondern auch bei gitarenlastigen Rock-Brettern, die zu wenig Platz für die Vocals lassen. Hier einfach im Bus, der die komptlete Musik (ohne Vocals) oder nur die Gitarren enthält, genau da absenken, wo der Gesang mehr Platz benötigt. Gleichzeitig kannst Du wieder genau dort in den Seiten anheben um das Bild „einzurahmen“.
- Du hast keinen Monomaker, möchtest aber Dein LowEnd druckvoll und klar halten? Kein Problem, ein Lowcut bei 100 hz im Seiten-Equalizer räumt alle ungewollten Bassfrequenzen aus dem Seitensignal und sorgt für einen druckvollen und klar definierten Bassbereich im Mix.
- Dein Mix soll klarer und breiter wirken? Mit einem HiShelve im Seiten-EQ auf dem MasterBus oder Mukke-Bus (Bus, der alles außer Stimmen enthält) kannst Du breitbandig ab 5 – 7 kHz um 3 db anheben und Dein Mix wirkt sofort klarer und breiter, ohne im Mitten-Signal zum Beispiel bei den Gitarren, der Snare oder Vocals zu starke Höhen zu bekommen.
Viel Spaß beim ausprobieren
Es gibt noch unendlich viele andere Beispiele und wenn Du einen Lieblingsvorschlag hast, schreib ihn gerne mal in die Kommentare unter diesem Beitrag. Dann können alle anderen Leser auch von Deiner Erfahrung und Deinem Wissen profitieren und ich übrigens auch. Bitte sei bei allem was Du damit bearbeitest aber stets zurückhaltend und vorsichtig, denn man damit auch schnell den Mix oder die Mono-kompatibilität zerstören. Von Phasenschwierigkeien ganz such schweigen. Also, sei vorsichtig und zurückhaltend und nun viel Spaß beim Ausprobieren und genießen!