Es gibt verschiedene Gründe, warum man seine Vocals ohne Hall im Mix nutzen möchte. Sei es, der Musikstil erfordert möglichst trockene Vocals (also ohne Raumanteil), sei es das Arrangement ist schon so voll, dass zusätzliche Hallfahnen den Mix überladen könnten. Es gibt bestimmt noch weitere Gründe die Vocals ohne Hall zu mischen. Falls Dir ein wichtiger einfällt, schreib ihn uns gerne unten in die Kommentare.
Was ist Reverb / Hall
Von Hall oder auch Nachhall spricht man, wenn ein Signal in einem Raum erklingt und dadurch eine unzählige Anzahl von Reflexionen (also Echos / Delays) erzeugt, die von den Oberflächen im Raum zum Zuhörer zurück kommen. Diese Reflexionen geben unseren Ohren und damit dem Gehirn die Möglichkeit einzuschätzen, wo und in welchem Raum das Signal entsteht.
Dabei können wir durch Erfahrung sowohl die Größe des Raums, als auch seine grundsätzliche Oberflächenbeschaffenheit einschätzen. Zusätzlich erfahren wir aber auch, wo im Raum und mit welcher Entfernung zum Zuhörer das Signal entstanden ist. Im Kern aber ist Nachhall nur eine undefinierte und unzählbare Menge an kleinen Delays.
Vocals ohne Hall
Gemäß der Aufgabenstellung im ersten Absatz wollen wir nun Vocals ohne Hall, aber mit räumlichem Charakter haben. Dazu kann man den Hall auf seine Kernkomponente runterbrechen: Echos oder auch Delays. Nimmt man statt einer unzähligen Anzahl z.B. nur zwei definierte, aber links und rechts leicht unterschiedliche Delays, klingt das ganze auch räumlich auch ohne Hall!
Und so geht´s
Zu diesem Zweck schickt man seine Vocals per Send auf einen Bus (auch AUX genannt) und lädt in diesen ein Delay-PlugIn, bei dem man beide Seiten unabhängig voneinander einstellen kann. Für die linke Seite wählt man z.B. ein 1/8-tel Delay mit wenigen Wiederholungen, für die rechte Seite ein etwas längeres oder kürzeres Delay (je nach Song), z.B. eine punktierte 16-tel.
Das Delay sollte für einen räumlichen Stereo-Charakter auf beiden Seiten unterschiedlich sein, da man sonst ein Mono-Delay hätte. Dies kann zwar Tiefe hinter den Vocals erzeugen, aber eben keine Stereo-Räumlichkeit.
Die Dosierung macht das Gift
Mit diesem Delay auf dem Bus gilt es nun das richtige Mischungsverhältnis zu finden. Per Send-Regler kann man nun bestimmen, wie viel Delay tatsächlich im Mix landen soll. Und wenn Du magst, kannst Du im Delay-Bus auch noch den Abbey-Road-Trick anwenden. Was genau es damit auf sich hat erfährst Du hier!
Die Kunst ist es nun, den Punkt zu finden, bei dem das Delay noch nicht offensichtlich zu hören ist, es aber auch nicht unhörbar wird. Zur Kontrolle stell einfach einen Wert ein, der für Dich die Hörgrenze darstellt und wenn Du nun den Bus stumm schaltest und etwas fehlt, dann bist Du genau richtig. Stumm geschaltet klingen die Vocals eher trocken und nicht mit der Musik verheiratet, aktiviert erklingen sie besser im Mix und insgesamt angenehmer. Und das Ganze ohne Hall!