Vocals besser vorm Mix platzieren mit Sidechain-Kompression

Dichter Mix, Vocals weg …

Manchmal steckt einfach der Wurm drin und man kann machen, was man will: die Vocals setzen sich einfach nicht genug gegen den Rest der Musik durch. Das passiert meist in sehr dichten Mixes mit frequenztechnisch eher breit angelegten Instrumenten wie zum Beispiel Synthesizern und (verzerrten) Gitarren. Aber was machen, wenn alle Kompressor- und EQ-Tricks nicht geholfen haben?

Von Autoscooter-Uwe lernen

Eigentlich muss während des Gesangs ja nur die Musik ein klein wenig leiser werden, damit man den Gesang etwas besser verstehen kann. Das ist wie auf der Kirmes: Wenn der Typ am Autoscooter spricht, ist die Musik ja auch leiser. Und dieses Prinzip funktioniert natürlich auch im Mix, nur ein wenig subtiler und der Schlüssel zum Glück lautet in diesem Fall Sidechain-Kompression!

Watt iss datt denn?

Ein Kompressor wird ja in der Regel durch das am Eingang anliegende Signal gesteuert. Jede Pegelspitze oberhalb des Threshold sorgt für eine Kompression des Gesamtsignals, also dafür, dass alles ein wenig leiser gemacht wird. (Keine Ahnung, wovon ich rede? Dann schau mal hier nach: https://recording-blog.com/der-kompressor-das-unbekannte-wesen)

Und bei der Sidechain-Kompression ist das auch so, nur dass der Kompressor eben nicht durch das Eingangssignal, sondern durch ein beliebiges Signal gesteuert wird, dass an der Seite der Signalkette, also an der Sidechain anliegt. Und in unserem Fall soll dies der Gesang sein, der an der Sidechain anliegend die Lautstärke der Musik beeinflusst.

Stets gut vorbereitet

Damit das klappt, sollte das komplette Playback – also alle Instrumente – im Mischer getrennt von den Vocals auf einen eigenen Bus geroutet werden, in den wir nun den Kompressor laden, der idealerweise Sidechain-fähig ist. Diesem Kompressor teilt man jetzt noch mit, dass die Gesangsspur an der Sidechain anliegt. Die Ausgangslage der Einstellungen des Kompressors sollten dabei wie folgt lauten:

Moderate Ratio von 2:1, schnelles Attack. mittleres Release (damit die Pegelreduktion nicht zu offensichtlich pumpt) und kein MakeUp-Gain! Nun noch den Threshold so einstellen, dass das Sidechainsignal zu einer maximalen Pegelreduktion von -2 dB führt und schon sind wir am Ziel.

Dieser Trick macht, was er soll

Es passiert also beim Abspielen nun Folgendes: Die Musik spielt in dem dafür vorgesehenen Bus und der darin laufende Kompressor reduziert den Pegel der Musik immer dann um bis zu 2 dB, wenn die Vocals singen. Bis maximal -2db ist der Effekt so subtil, dass das Ohr die Lautstärkeschwankungen der Musik nicht wirklich wahrnimmt, da es ja gleichzeitig vom Gesang abgelenkt wird. Mit anderen Worten, der Gesang ist nun immer um 2 dB lauter als die Musik und damit deutlich besser von der Musik wahrzunehmen!

„Mr. Holzhammer“ oder „Der große Filigrani“?

Zugegeben, es ist schon ziemlich brachial einfach das komplette Playback im Pegel zu reduzieren, sobald der Gesang läuft und das funktioniert auch am besten, wenn eher mit längeren Noten und legato gesungen wird. Verfeinern kann man das Ganze aber durchaus, und zwar indem man nicht einfach das gesamte Material komprimiert, sondern nur den Frequenzbereich, in dem sich Gesang und andere Instrumente besonders in die Quere kommen – also grob alles zwischen 2 und 5 kHz.

Viele viele bunte Bänder ….

Zu diesem Zweck nimmt man auch einen Kompressor, aber dieses mal einen Multibandkompressor, der im Gegensatz zum normalen Kompressor nicht immer das gesamte Signal, sondern auch nur einzelne Frequenzbänder des Signals komprimieren kann, während er die anderen Frequenzen unangetastet lässt. Und wenn er dann noch sidechain-fähig ist, haben wir genau das, was wir brauchen. Denn wir stellen nun im Multibandkompressor ein einzelnes Band ein, das den Bereich von ca 2 – 5 kHz immer dann um 2 – 3 dB komprimiert, wenn an der Sidechain der Gesang anliegt. Das hat den großen Vorteil, dass sowohl die Höhen als auch der Druck in den Bässen der Musik nicht angetastet werden, aber trotzdem im relevanten Frequenzbereich 2 – 3 dB mehr „Luft“ für die Vocals ist!

Vorsicht ist die Mutter ….

Wichtig bei beiden Methoden ist, dass das Playback nicht zu offensichtlich und wahrnehmbar in der Lautstärke variiert und zu pumpen anfängt. Das ist in spezielle Musikstilen zwar durchaus gewünscht (z.B. wenn die Basssdrum über die Sidechain den gesamten Mix steuert), bei der oben genannten Zielsetzung ist aber eher ein subtileres Eingreifen des Kompressors gefragt. Vor allem, wenn man grundsätzlich schon mit seinem Mix zufrieden ist und den Vocals nur ein wenig mehr Raum verschaffen möchte. Ausprobieren ist also wie immer nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern auch dringend empfohlen!

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