Wenn neue Leute meine Songs hƶren, sprechen sie mich recht oft auf meine Background-Vocals (oder auch Chƶre genannt) an. Und ohne unbescheiden zu sein kann ich doch behaupten, das ich das anscheinend wirklich gut kann. Was die Chƶre dann aber wirklich fett im Mix erscheinen lƤsst, ist eine Kombination aus Recording und Mix und das ist (wie so oft) der SchlĆ¼ssel zu jedem guten Endergebnis – egal ob groĆes Studio oder Heimstudio!
Wichtig ist vor dem Mikrofon
ZunƤchst einmal muss das Signal in die DAW und ich nehme meine Chƶre in der Regel direkt nach den Hauptvocals auf. Erstens, weil ich dann bereits warmgesungen bin, zweitens, weil ich dann im Vergleich zu den Hauptvocals bei ansonsten gleichen Einstellungen den Abstand zum Mikro um ein paar cm vergrƶĆern kann. Dadurch unterscheiden sich die Chƶre schon beim Einsingen etwas im Sound und ordnen sich auch ohne irgendein PlugIn rƤumlich etwas hinter den Hauptvocals ein. So einfach, aber auch so effektiv!
Arrangement und Harmonien
Ein zweiter SchlĆ¼ssel zu guten Chƶren ist natĆ¼rlich, dass man (und ich im Besonderen) viel wert darauf legt, speziell bei Dopplungen sauber einzusingen und eine fĆ¼r den Song interessante Harmoniefolge fĆ¼r die Chƶre zu finden oder zu entwicklen. Denn nichts ist langweiliger als ein vorhersehbarer klassischer Dreiklang. Ich probiere daher immer gerne beim Einsingen aus und lasse mich Ć¼berraschen, wo ich rauskomme. In der Regel singe ich dann jede Stimme doppelt ein und kann anschlieĆend im Mix entscheiden, ob ich breite oder weniger breite Chƶre haben mƶchte.
Kleiner Tipp am Rande
Sollten einzelne Wƶrter deiner Chƶre mit einem Stopplaut wie zum Beispiel „T“, „K“ oder Ƥhnlichem enden, kannst Du diese Ā beim Einsingen der Chƶre am besten direkt weglassen oder in der Nachbearbeitung einfach wegschneiden. Denn wenn 6 Stimmen im Background zu leicht unterschiedlichen Zeiten ein „T“ singen, klingt das mehr als merkwĆ¼rdig – aber vor allem wenig professionell!
Routing und Mix
Gehen wir mal davon aus, dass ich drei Stimmen jeweils doppelt eingesungen habe. Das ergibt 6 Spuren, die ich jetzt in den Mix bringen darf. Will ich einen breiten Chor, panne ich die gedoppelten Stimmen jeweils hart links und hart rechts. FĆ¼r ein nicht so breites Stereobild panne ich nicht ganz so weit nach auĆen, manchmal mische ich aber auch alles komplett in die Mitte – je nach Song. Dann passe ich noch per Volume-Fader die VerhƤltnisse der Stimmen untereinander an, da tiefere Stimmen sich weniger gut durchsetzen als hƶhere und sorge so fĆ¼r ein ausgeglichenes Klang-Bild im Chor. Alle Spuren werden dann auf einen Chor-Bus geroutet, auf dem ich dann anfange mit PlugIns zu arbeiten.
4+1 Standard-PlugIns fĆ¼r gute Chƶre
ZunƤchst forme ich den kompletten Chor mit einem Equalizer und mache hierbei in der Regel einen Low-Cut bis 120 hz, bereinige die Mitten zwischen 400 und 700 hz und wenn ich noch etwas Seide im Sound haben mƶchte, hebe ich mit einem High Shelve leicht alles oberhalb 8 – 10 khz an (max 2-3 db).
Ein Standard-Kompressor sorgt nun fĆ¼r ein gleichmƤĆigeres Signal, wobei dieser bei gesungenen Textpassagen etwas mehr eingreifen muss als bei Huuuhhhs und Ahhhs, da letztere einfach weniger dynamisch sind.
Nun kommt der erste Kniff, in dem ich ein (Analog-)Delay nutze, um dem Chor Tiefe zu geben und ihn im Mix auch ein wenig lƤnger nachwirken zu lassen. Hier nehme ich gerne ein Tape-Delay und schrƤnke fĆ¼r die Wiederholungen die BƤsse und Hƶhen deutlich ein, damit die Wiederholungen zwar da sind, aber nicht durch Ć¼bermƤĆige Hƶhen unnƶtig auf sich aufmerksam machen. Es geht hier nur ums GefĆ¼hl, nicht um die aktive Wahrnehmung des Delays. Wenn Du das Delay im Mix hƶrst, ist es zu laut.
Per Send schick ich das Signal nun meist auf zwei verschiedene RƤume: einen kleinen Raum (auch fĆ¼rĀ“s GefĆ¼hl) und einen grƶĆeren oder eine Halle/Platte um das Signal im Hintergrund noch zu „verschmieren“ und damit noch besser in den Mix zu integrieren. Wichtig ist, dass beide RƤume nicht zu aufdringlich wahrgenommen werden. Also auch hier sollte man an den passenden Stellen die Hƶhen des Halls soweit wie nƶtig beschneiden.
Warum „4plus1“ PlugIns? Ganz einfach, wenn Du Textpassagen in den Chƶren hast, die unter anderem sehr prƤsente „S“-Laute enthalten, ist ein DeEsser zwingend erforderlich, denn 6-fach gesungene „S-„-Laute sind auch 6x so laut und sollten immer unter Kontrolle gehalten werden. Bei „Uuuhhhs“ und „Aaaahs“ hat man dieses Problem meist nicht!
Ohne Hexerei und Spezial-Voodoo
Dies ist also meine Standard-Bearbeitung fĆ¼r Background -Vocals, von mir auch gerne Chor (oder auch KOA) genannt. Wenn der Mix dichter ist, nutze ich gerne noch ein weiteres Delay um den Chor noch mehr in den Mix zu bringen und damit auch „nasser“ zu machen. In einem eher spƤrlicheren Arrangement wie zum Beispiel einer Akustik-Ballade sollten die Delays nicht so laut sein, dass sie als solche auch wahrgenommen werden – es sei denn, man macht das mit voller Absicht š
Wie so oft aber gibt es hier – und speziell beim Einsatz von Hall und Delay – kein „richtig“ oder „falsch“, sondern nur „gefƤllt mir“ oder „gefƤllt mir nicht“ und damit schicke ich Dich nun zurĆ¼ck an die DAW und wĆ¼nsche viel SpaĆ beim Ausprobieren und natĆ¼rlich beim dazu passenden Video.