Ich gebe zu, wenn ich nicht vom Fach wäre, wüsste ich auch nicht, wovon der feine Herr Jonas vom Recording-Blog in der Überschrift spricht. Aber warum nicht mal überraschen lassen? Gemeint sind 3 Beispiele für die so wichtigen und zahlreichen Kleinigkeiten, die eine heutige Produktion erst so aufregend und interessant gestalten. Und dass man Rückwärts-Effekte in der Musik für einen nie langweiligen und exotisch klingenden Sound nutzen kann, wissen wir spätestens seit den Beatles. Hier folgend kannst Du mal hören, ob Du alle Stellen findest, an denen ich mit Rückwärts-Effekten gearbeitet habe:
Was sind Transitions?
Eine Transition bezeichnet in der modernen Musik-Produktion den Übergang von einem Songteil zu einem anderen, oder auch den Übergang von einem Sound in den anderen. Transitionen (engl. transitions) sorgen also für organischere und damit natürlicher wirkende Übergänge zwischen Songteilen, die unterschiedliche Dynamik, Harmonien oder auch Instrumentierungen haben. Mit anderen Worten: Mit passenden Übergängen klingt es nicht so, als ob man einfach mal eben ein paar verschiedene Songteile aneinander geklebt hat.
Warum Rückwärts?
Wie oben schon angesprochen haben bereits die Beatles erkannt, dass man einen bekannten Sound ganz schnell interessant und völlig anders klingen lassen kann, in dem man ihn einfach rückwärts abspielt. Das liegt unter anderem, dass man solche Sounds überhaupt nicht vorhersehen kann und diese also keinerlei Erwartungshaltung bedienen. OK, die Exzesse aus „Revolution 9“ (aus dem weißen Album „The Beatles“) gehen da sicher ein wenig über das Ziel einer modernen Popproduktion. Nichtsdestotrotz zeigen sie, dass man mit Rückwärtssounds durchaus ein ganz anderes musikalisches Bild zeichnen kann.
3 Beispiele sollt Ihr sein
Unser erstes Beispiel soll das ganz banale Umkehren eines Sounds zum Thema haben. In modernen Songs wird gerne ein anschwellendes Rauschen benutzt, um Spannung zu erzeugen und den nächsten Teil oder Energielevel im Song anzukündigen. In meinem Beispiel sollte genau so ein „Riser“ (dt. Anschweller) von einem Beckenschlag abgeschlossen werden. Interessanterweise klingt ein „Riser“ genau wie ein umgekehrtes Becken.
Im ersten Beispiel kopiere ich also den Riser, den ich eh in meinem Song vor dem Songteil-Wechsel platziert habe, und drehe diese Kopie über die Funktion „Rückwärts“ ganz einfach um. Platziert man diesen umgedrehten Riser nun direkt hinter den eigentlichen Riser und macht ihn noch ein kleines bisschen lauter, dann wird die Transition vom Riser angekündigt und mit dem neuen „Becken“ abgeschlossen. OK, man kann auch ein echtes Becken nehmen, aber so geht es eben auch!
Riser deluxe
Das zweite Beispiel funktioniert (fast) so wie das erste – ich benötige also wieder eine Art Riser. Dieses mal aber ist die Basis ein angeschlagener Akkord, den ich ursprünglich am Beginn eines neuen Parts platziert habe. Dieser soll auch rückwärts abgespielt werden, allerdings dieses mal VOR dem eigentlichen Sound. Habe ich also in Beispiel eins den Riser gehabt und über das Becken abgeschlossen, erzeuge ich jetzt aus dem bestehenden Akkord einen Riser, der ihm dann voranstellt gestellt wird.
In meinem Fall war der Akkord für eine echte „Rampe allerdings zu kurz. Praktisch, dass man in Logic Pro X (und sicher auch in Deiner DAW) das Sample einfach dehnen kann.
Zu diesem Zweck „greife“ ich mit der Maus die rechte Ecke des Samples, drücke gleichzeitig die „ALT-Taste und kann nun das Sample über die Länge dehnen ohne die Tonhöhe zu verändern. Nun noch rückwärts abspielen und direkt vor dem eigentlichen Akkord einsetzen und schon ist die Rückwärts-Rampe platziert. Versiehst Du das erzeugte rückwärts-Sample noch mit einem längeren Fade-In wirkt es noch ein wenig organischer.
Reverse as reverse can
Im Dritten Beispiel wird es nun tatsächlich ernst. Ich möchte, dass ein Gesangs-Sample über eine schöne Rückwärtsrampe angekündigt und damit eingeleitet wird. Dazu lade ich in den Kanal mit dem Original-Sample ein Viertel-Delay (Echo) und regele das Feedback so hoch, dass das Gesangs-Sample mit der letzten Silbe noch etwas länger wiederholt wird.
Einmal so eingestellt kann man das Sample über die Funktion „Bounce to disk“ (Bounce auf Speichermedium, o.ä.) in genau der Form auf eine neue Spur bannen, die man mit dem Delay gerade erstellt hat. Das Sample wird also inklusive Delay-Fahne auf eine neue Spur kopiert. Praktisch, denn nun dreht man dieses einfach mit der Funktion „Rückwärts um, sodass das ursprünglich langsam ausklingende Echo nun anschwillt. Jetzt noch alles Wegschneiden, was nicht nach Delay-Rampe klingt und vor dem eigentlichen Vocal-Sample platzieren. Fertig ist eine tolle Rückwärts-Delay-Rampe für eine Gesangspassage.
Achte hierbei nur darauf, dass das Rückwärts-Echo auch im Beat spielt. Im Zweifel musst du es ein wenig vor oder zurückschieben und dann am Übergang zum Original mit einem Crossfade angleichen. Auch solltest Du nicht vergessen, das Delay vom Originalsample wieder runterzunehmen.
Probieren geht über studieren
Es lohnt sich, hier ganz frei zu experimentieren und einfach mal alles umzudrehen, was einem so in der DAW unter den Mauszeiger kommt. Auch in länger laufenden Samples kann man zum Beispiel einen Takt freischneiden und umdrehen. Es bleibt „fast“ alles beim Alten, aber irgendwie klingt dieser eine Takt jetzt ungewöhnlich und interessanter. Wieder also ein kleiner Baustein, der die Monotonie aus der Produktion verbannt. Also, tob Dich Aus und schreib mir doch mal, wo Du überall Rückwärts-Effekte einsetzt um Deine Produktionen damit aufzupeppen.