Wenn man beim Mischen neben vielen Techniken, PlugIns, Software, usw. etwas wirklich lernen muss, dann ist es das Hören. Du liest richtig: Hören will gelernt sein! Jetzt sagst Du bestimmt „Kann ich! Seit meiner Geburt! Mit zwei Ohren! Laut! Leise! Läuft!“ Wenn ich aber wirklich hören will, was meinem Mix fehlt, dann helfen mir persönlich zwei Sachen: Referenz-Songs und ein Sidechain-EQ mit Analyzer.
Mischen ohne Referenz ist wie malen im Dunkeln
Ich bin sicher, Du kennst dieses Szenario: Du mischt fleißig ohne Referenz, aber mit viel Spaß und Verve vor Dich hin („Ich weiß ja welchen Sound ich will“) und am Ende des Mixes bist Du richtig zufrieden, denn in Deinen Ohren klingt es klasse. Am nächsten Morgen im Autoradio zerfällt Dein Mix dann plötzlich in seine Einzelteile und klingt sowieso ganz anders als alle anderen. Zuviel oder zu wenig Bass, zu viel dies, zu wenig das. Aber warum?
Mein Mix klingt nicht im Auto
Je länger eine Mix-Session dauert, um so eher gewöhnt sich unser Ohr an den Sound und findet ihn mit der Zeit einfach gut. Auch wenn er dabei zu mittig, zu hell oder zu dunkel, zu mono, zu breit oder zu „irgendwas“ ist, kompensiert unser Ohr das über die Zeit und sagt dem Hirn: Alles gut, klingt klasse! Sind die Ohren am nächsten morgen frisch, im Radio liefen schon ein, zwei Songs und Du legst dann das eigene Werk ein, klingt es im Vergleich alles andere als gut. Das liegt unter anderem daran, dass Du mit den Titeln im Radio schon eine Referenz gehört und akustisch abgespeichert hast, an der sich Dein Mix nun messen muss.
Selektives Hören mit Referenz-Song
Aber warum das erst im Auto machen? Besser wäre es doch diesen eh unausweichlichen Vergleich eine Stufe vorziehen und in den Mix-Prozess mit einbeziehen! Wenn man seinen Song abwechselnd im Vergleich mit einem professionellen Referenz-Song anhört, kann man sehr schnell feststellen, was dem eigenen Song fehlt. Konzentrier Dich dabei zum Beispiel auf den Sound und die Lautstärke von Bassdrum / Snare und vergleich beide mit dem eigenen Song. Das gleiche geht natürlich auch, wenn man sich auf bestimmte Frequenzbereiche konzentriert. So kannst Du schnell herausfinden, was die beiden unterscheidet, Voraussetzung ist aber auf jeden Fall der passende Referenz-Song (gerne auch mehrere).
Ich höre keinen Unterschied, was nun?
Man nennt diesen Prozess „selektives Hören“, das man durchaus trainieren muss und kann. Fällt Dir das aber als Beginner oder unregelmäßig mischender Fortgeschrittener schwer, kannst Du auch erst mal optisch vergleichen, was die größten Unterschiede zwischen Deinem Mix und der Referenz sind. Und das geht mit eine Equalizer, der auch per Sidechain, also über einen Nebeneingang ein zusätzliches Signal aufnehmen und auswerten kann.
Der Pro EQ aus Studio One als Sidechain-EQIch sehe was, was Du nicht hörst – Der Sidechain-EQ
Diese Frage wir häufig gestellt: Die Referenz sollte nicht nur aus dem selben Genre stammen, auch die Instrumentierung sollte sich schon ähneln. Hilfreich ist auch, wenn in beiden Fällen wie in Deinem Mix eine Frau respektive ein Mann singt und nicht unterschiedlich. Zudem sollten weitere produktionstechnische Kleinigkeiten übereinstimmen. Wenn im eigenen Song die Bassdrum das tiefste Instrument bei z.B. 50 – 80 hz und der Bass zwischen 80 und 200 hz ist, dann sollte das im Referenzsong im Idealfall nicht umgekehrt sein, da er sonst einfach nicht vergleichbar ist. Ansonsten folge Deinem Herzen, höre viel Musik und wenn Dir ein Mix oder Sound gut gefällt, leg Dir den Titel auf dem Rechner in einen Ordner mit dem Namen Referenz-Titel. So bekommst Du über die Zeit eine Sammlung an relevanten Referenz-Titeln und musst nicht jedes mal neu suchen, wenn ein neuer Mix ansteht!