OK, ich bekenne mich schuldig, denn die Vielzahl an verschiedenen Tipps und Tricks auf dieser Seite und bei Youtube verleitet immer dazu, alles genau so in Deinem Mix einzusetzen. Und ich falle auch selber immer wieder auf dieses Vorgehen rein. Aber wichtiger als „viel hilft viel“ ist die Formel „die Dosis macht das Gift“.
Mit dieser Erkenntnis von Paracelsus im Hinterkopf nenne ich Dir heute mal 5 Techniken, die einzeln und inMaßen eingesetzt klasse sind, allerdings im Ãœbermaß Deinen Mix oder Dein Arrangement ruinieren können. Und wenn Du auch schon jede Menge solcher Erfahrungen gemacht hast, dann schreib sie eirund uns gerne in die Kommentare zu diesem Beitrag und am besten auch bei Youtube unteres Video. Man lernt ja nie aus …
1. Doppeln macht den Mix breiter und fetter
Grundsätzlich ist das natürlich erst einmal richtig: Eine gedoppelte Stimme oder auch Gitarre klingt fetter im Mix. Dreht man dann noch beide Spuren im Panorama nach links und rechts außen bekommt man einen wirklich breiten Klangeindruck, der einfach super klingt. Wenn Du aber alles und jedes im Mix doppelst und ins Panorama schiebst, verschiebst Du quasi alle Aufnahmen, die fett klingen sollen, an die selbe Stelle – nach außen. Mit anderen Worten es drubbelt sich auf den Außenseiten und der eigentliche breite Effekt geht unter in einer Masse an Audiosignalen, die sich gegenseitig überlagern und verdecken. Klar kann man  das mit geschicktem EQ-Einsatz entschärfen, das Problem aber bleibt.
Besser wäre es nur die für die Breite wichtigen Instrumente zu doppeln und ins Panorama zu verschieben. Das lässt Luft in der Mitte und gibt Dir die Gelegenheit, andere Signale im Panorama zwischen die breiten Spuren zu schieben. Sie finden dort ihren eigenen Platz und bekommen dadurch mehr Klarheit und Definition.
2. Das eigene Instrument ist immer zu laut im Mix
Immer wieder bekomme ich Zuschriften, die sagen „Hi, ich bin Schlagzeuger/Sänger/Gitarrist und bin in unserer Band auch für Aufnahme und Mix zuständig. Anbei ist mein Mix von einem Song, kannst Du mir etwas dazu sagen?“. Meistens hätte das liebe Mitglied der #RecordingBlogFamilie gar nicht dazuschreiben müssen, welches Instrument er oder sie in der Band spielt, denn es ist genau das Instrument, das zu laut im Mix ist. Die Tatsache, dass man das eigene Instrument unbewusst auch am lautesten hören möchte verleitet dazu, es im Mix dann auch zu laut abzumischen. Und weil man auch beim Musizieren das eigene Instrument immer lauter hört als den Rest der Band, fällt das Problem oft gar nicht auf.
Bist Du also z.B. Gitarrist, Drummer oder Bassist, dann route in Deinem nächsten Mix einfach mal alle Gitarren/Drums/den Bass auf einen BUS und dann Regel sie mal 3 db leiser. Ich bin sicher, dass das Deinen Mix deutlich entspannt!
3. Hier spielt Alles auf alles
Ein Song, der den Zuhörer mit auf eine Reise nimmt und fesselt, glänzt auch durch eine immer wieder veränderte Dynamik. und damit ist nicht nur gemeint, dass der Song sich mit lauten und leisen Passagen abwechselt, sondern auch die Dichte der Instrumentierung. Gerade wenn man den Song selbst geschrieben und aufgenommen hat, neigt man dazu, sich in alle einzelnen Teile und Instrumente zu verlieben, den alle sind ja brillante Ideen, auf die man auf keinen Fall verzichten kann. Das führt am Ende dazu, dass durchgängig alle Instrumente spielen. Das klingt in den ersten 30-40 Sekunden des Songs sehr aufregend, weil viel im Mix los ist. Wenn dann aber keine Abwechslung einsetzt und der Song dauerhaft auf 100% fährt, ermüdet der Zuhörer schnell und kommt u.U. noch nicht einmal mehr zum ersten Refrain. Schade eigentlich.
Frag Dich daher, ob wirklich alle Instrumente immer spielen müssen, oder ob man das Arrangement nicht besser Stück für Stück steigert, einzelne Elemente einbringt, wieder entfernt und damit ein abwechslungsreiches Hörerlebnis bietet, das immer wieder mit kleinen akustischen Leckerbissen überrascht und fesselt.
4. LCR for ever – oder doch nicht?
Ich bin ein Riesenfan von LCR (hier findest Du mehr Infos dazu), also der Mix-Methode bei der sich die Panorama-Einstellungen im Mix ausschließlich auf drei Positionen beschränken: Links – Mitte – Rechts (engl. Left – Center – Right). Das hilft gerade Einsteigern beim Mix sich nicht bei unendlich vielen Zwischenpositionen entscheiden zu müssen und schon viele Mixe haben dadurch das nötige Quentchen Klarheit und Transparenz bekommen, die vielleicht vorher nicht da war. Aber wie alle Regeln (oder sollte man lieber Orientierungen sagen?) ist auch hier nicht alles nur schwarz und weiß – es gibt auch grau. Denn wenn man ein Element im Mix ganz bewusst aus dieser Regel herauslöst, kann man damit dem Mix genau das fehlende Element hinzufügen.
Such Dir in Deinem nächsten LCR-Mix mal ein oder zwei Elemente aus, die Du nicht so hart im Panorama platzierst. Zum Beispiel die Dopplungen der Hauptstimme nicht hart links/rechts, sondern nur zum leichten andicken 20 % nach links und rechts. Die Stimme gewinnt mehr Gewicht, hat zudem genügend Platz im Mix und wirkt nicht künstlich vergrößert. Das geht natürlich für viele andere Elementen. Aber auch hier: Ãœbertreib es nicht und wähle mit Bedacht, welche Sachen wichtig sind, außerhalb der „Panorama-Norm“ platziert zu werden. Die Dosis macht das Gift 😉
5. Sub-Bass-Spur für noch mehr Tiefen-Wumms
Jeder möchte in seinem Mix ein fettes Low-End haben. Allerdings spielt nicht jede Bassgitarre oder jeder Synth-Bass hier mit. Mein alter Rickenbacker 4001 ist zum Beispiel ein klasse Bass, aber eben sehr knurrig mit vielen Mitten. Das kann man gezielt einsetzen, wenn dann aber Bass fehlt muss man gegensteuern. Kein Problem, mit geschickt eingesetzten Zusatzspuren kann man im Bass das Fundament verstärken und gleichzeitig den knurrigen Grundsound behalten. Wie das genau geht habe ich hier schon mal beschrieben.
Aber Vorsicht, denn gerade der Bassbereich ist hochsensibel – sowohl bei Bassdrum als auch beim E- oder Synth-Bass. Tritt zum Beispiel durch einen nicht ganz sauberen Latenzausgleich in der DAW eine kleine Phasenverschiebung zwischen zwei Bass-Spuren auf, dann können sich beide Spuren im Bassbereich sogar auslöschen und man bekommt das Gegenteil von dem, was man wollte. Auch neigt man bei zu tiefem Bass dazu, diesen zu stark reinzuziehen. Denn alles unter 40 hz ist oft nur noch schwer zu hören und man übertreibt es im Mix. Das Ergebnis klingt dann nicht fetter, sondern beschädigt sogar den Mix. Denn der finale Limiter wird durch die Energie der tiefen Frequenzen so stark ausgesteuert, dass der Mix einfach nicht mehr laut wird. Oder der Bass wirkt undefiniert und schlapp, oder, oder, oder…
Kommst Du mit Deinem Bass nicht weiter, dann überleg mal, einen anderen Bass-Sound zu nehmen, statt wild mit Parallel-Bearbeitung rumzuexperimentieren. Ein anderer Synth oder eine andere Bassgitarre wirken oft Wunder. Manchmal reicht es aber ich aus, den Bass nicht mit allen Mitteln fetter zu machen, sondern einfach nur etwas lauter zu drehen, denn der Kanal-Fader ist immer noch der beste EQ-Ersatz! Es kann manchmal so einfach sein.
Fazit
Das waren nur ein paar Beispiele, de mir in meinem letzten Mix aufgefallen und ach alle so passiert sind. Die Flut an Infos und Tricks spukt durch unseren Kopf und jede neue Erkenntnis will auch direkt ausprobiert werden. Aber viel hilft eben nicht viel und wenn Du auch Erfahrungen dieser Art hast, schreib sie uns auf jeden Fall zum Lernen unten in die Kommentare zu diesem Artikel. Im Namen aller in der #RecordingBlogFamilie sage ich schon mal danke für Deine Mitarbeit!