Welcher Equalizer ist besser? Phasenlinear oder ein normaler EQ?

Von Jonas  |  Mix-Praxis 

Manchmal bringt einen der Mix eines Songs an den Rand des Wahnsinns. Nicht, weil er schwierig zu mischen ist, sondern einfach, weil der Mix irgendwie nicht zusammenkommen will. Wie neulich in meinem Live-Mix von „Schrottplatz der Liebe“. Der Mix lief ordentlich, aber irgendwie habe ich gemerkt, dass es nicht rund klingt. Ich hab es zunächst mal auf die Einschränkung meiner Abhöre geschoben, da ich über Kopfhörer gemischt habe. Und da die Show vor der Kamera weitergehen musste hatte ich keine Muße mal nachzuschauen, was wirklich das Problem ist.

Phase verrutscht, Mix im Eimer

Nach dem LiveMix bin ich noch mal ganz in Ruhe alle Spuren durchgegangen und da war der Fehler! Ich habe den Bass dupliziert, um ihn wie üblich in einen hochfrequenten und einen tief-frequenten Anteil zu unterteilen (hier kanst Du lesen, was genau ich hier meine). Ich habe die beiden Signale also jeweils mit einem EQ per Low- und Hi-Cut voneinander getrennt. Eine Bass-Spur mit allem unterhalb 90 hz, eine mit allem oberhalb von 90 hz. Und ohne es zu merken (bzw. es auf den Kopfhörer zu schieben) habe ich mit den EQs die Phase verdreht und damit das Gegenteil von dem erreicht, was ich eigentlich wollte. Der Bass wurde nicht fetter, sondern eher dünner!

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Aber wie hätte ich das verhindern können? Nun, mit dem Wissen, dass ein normaler Equalizer (Minimalphasiger EQ) speziell bei Low und HiCut immer auch ein wenig die Phase an der „Abrisskante“ verdreht, hätte es mir eigentlich auffallen müssen. Speziell im tieferen Frequenzbereich und bei monophonen Instrumenten wie Bass oder Bassdrum kann das ganz schnell auch negative Folgen haben, die deutlich dramatischer klingen als im Bereich der mittleren oder hohen Frequenzen. Sei es, dass man zwei Bassdrum-Mikros benutzt oder dass man (wie in meinem Fall) den Bass aufteilt und parallel bearbeitet.

In beiden Fällen kann eine leichte Phasenverschiebung dazu führen, dass zwei eben noch gleichphasige Signale durch den Einsatz eines EQs plötzlich gegenphasig laufen und sich damit gegenseitig auslöschen. Der Bassbereich klingt dünn und hohl. Und wenn man das dann sauber analysiert und nicht wie bei mir auf den Kopfhörer schiebt, hat man eine gute Möglichkeit das Problem sauber zuzuordnen und zu beheben.

Phasenlinear vs Minimalphasig

Was aber genau ist jetzt der Unterschied zwischen den beiden EQ-Varianten? Bei beiden Equalizern findet beim Einsatz eine leichte zeitliche Verschiebung der Phase statt. Während diese beim Minimal-phasigen EQ aber hauptsächlich im Frequenzbereich der eigentlichen Bearbeitung stattfindet, wirkt diese beim Phasenlinearen EQ auf das ganze Signal. Und diese Gesamtverzögerung des Signals gleicht die DAW automatisch wieder aus, sodass quasi keine Phasenverschiebung im Vergleich zum Original-Signal stattfindet. Die leichte zeitliche Verschiebung beim Minimalphasigen EQ kann aber speziell im tieffrequenten Bereich dazu führen, dass zwei vormals gleichphasige Signale nun entgegengesetzt laufen und sich daher gegenseitig auslöschen.

Aber welcher ist jetzt besser?

Geht es um die reine Signaltreue, ist der Phasenlineare EQ sicher die bessere, wenn auch deutlich rechenintensivere Variante. Jedoch bringt die leichte Phasenverschiebung im Minimalphasigen EQ ja nicht nur Nachteile mit sich. Der Sound, der durch die leichte Phasenverschiebung be der Bearbeitung entsteht macht auch durchaus etwas vom Charakter des Minmalphasigen EQ aus. Und darauf sollte man wirklich nur verzichten, wenn man vor Probleme wie ich beim Livemix gestellt wird. Oder man nimmt sie in Kauf und gleicht die Phasenverschiebung einfach mit einem Phasendreher wieder aus. Mit anderen Worten, besser oder schlechter gibt es nicht, sondern wieder mal nur: Gefällt mir oder gefällt mir nicht!

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