Ein Blog-Titel, der nach Clickbait schreit und doch so wahr ist. Was kann ein komplettes Schlagzeug Mikrofon-Set für nur 99 Euro? Sowohl technisch als auch klanglich muss man hier sicherlich mit Einschränkungen gegenüber einer Lösung im Bereich von 500 Euro, 1.000 Euro oder mehr leben. Aber wie groß sind diese Einschränkungen wirklich? Diese Fragen kläre ich am Beispiel des „FAME Practice Set“ aus dem Angebot vom MUSICSTORE aus Köln, denen ich hier ausdrücklich für die kostenlose Bereitstellung danke.
Das Mikrofon-Set im Detail gezeigt
Schauen wir zunächst mal auf den Lieferumfang: Das Set kommt in einem stabilen Plastikkoffer mit Schaumstoff-Einlage, die für jedes einzelne Teil eine gut sitzende Mulde bietet. Für eine artgerechte Aufbewahrung sollte das völlig ausreichen, den harten Tour- und Live-Alltag würde ich dem Koffer (wie übrigens auch dem Set) nicht zwingend zumuten wollen. Praktisch sind die Mikro-Halter, die man direkt an der Trommel befestigen kann. Da ich diese aber nicht genutzt habe, kann ich nur sagen, dass diese einigermaßen brauchbar aussehen, aber nicht für ständiges auf- und abbauen ausgelegt scheinen. Immerhin reden wir hier über das „7-teilige Practice Set“ von FAME, also übersetzt ein Übungsset, das eher langfristig installiert bleibt und diesen Dienst sicher auch dauerhaft absolvieren kann.
7 Drums-Mikros für ein Halleluja
Mit 7 Einzel-Mikros ist das Set auch größeren Schießbuden gewachsen, rechnet man den Kaufpreis mal pro Mikro aus, komme ich auf schlappe 14 Euro pro Mikro. Normalerweise nehme ich mit meiner eigenen (zugegeben sehr exklusiven) Mikrosammlung auf, von denen ein Mikrofon allein soviel kostet wie dieses ganze Set zusammen. Aber ich möchte hier betonen, dass es mir in diesem Test ausdrücklich nicht (!) um einen Klangvergleich geht, sondern um die Frage, ob man mit diesem Set ernsthaft aufnehmen und abmischen kann?!
Mein Test-Aufnahmeszenario
Ich habe momentan ein sehr reduziertes Schlagzeug aufgebaut, um mich möglichst auf Technik und Groove beim Spielen zu konzentrieren. Ablenkungen wie Toms oder zu viele Becken habe ich daher kurzerhand abgebaut. Dadurch ist erfreulicherweise auch der Platzbedarf des Sets deutlich gesunken, was in meinem knapp 12 qm großen Zimmer durchaus positiv auffällt. Das reduzierte Set bedeutet aber auch, dass ich zur Abnahme des kompletten Sets nicht 7 Mikros benötige. Zum Einssatz kamen daher lediglich ein Mikro in der Bassdrum und eins an der Snare.
Da mein Schlagzeug zudem sehr kompakt steht, verzichte ich auch gleich auf Stereo-Overheads und nutze stattdessen ein Kleinmembran-Mikro als Overhead und das Zweite als Raum-Mikro. Insgesamt habe ich damit 4 Kanäle aufgenommen, was auch mit einem kleineren Audio-Interface im Projektstudio in der Regel machbar sein sollte. Getrommelt habe ich zum Playback eines Songs, an dem ich gerade arbeite – natürlich ohne Drums.
Wie klingt ein Drum-Mic-Set für 99 Euro?
Tja, die Gretchenfrage: Wie klingt’s denn nun? Eins vorweg: Jeder der Drums schon mal aufgenommen hat weiß, dass ein Schlagzeug bei der Aufnahme nie so groß, fett und einfach geil klingt, wie man es später auf der Platte hört. Daher würde ich den Klang gerne aus zwei Blickwinkeln beurteilen. Einmal der rohe, unbearbeitete Klang und einmal das, was man im Mix so herausholen kann.
Unbearbeitet und roh
Hört man sich die aufgenommenen Spuren an, fällt als Erstes auf, dass alle Mikros das machen was sie sollen. Eine normale Erfassung des gebotenen Klangs ohne großartige Klangeinbußen ist in jedem Fall schon mal sichergestellt. Zudem habe ich keine unangenehmen Höhen festgestellt, die leider zu oft bei wirklich sehr günstigen Mikros zu hören sind. Zudem scheint keins der genutzten Mikros ein Problem mit dem beim Schlagzeug doch deutlich erhöhten Schalldruck zu haben. Alle Signale werden verzerrungsfrei ans Interface geliefert und klingen, wie ein Schlagzeug halt unbearbeitet klingt.
Bearbeitet und schön?
Unser Omma sagte immer „Schei*e kann man nicht polieren“. Die Frage, die sich also in unserem Zusammenhang stellt, lautet übersetzt: „Ist die Klangbasis des Sets ausreichend für einen ordentlichen Mix?“. Um das vorwegzunehmen, die Antwort ist aus meiner Sicht ganz klar JA! Alle Spuren klingen unaufgeregt und klar, aber in meinen Ohren nie schlecht. Und da die Basis von jedem Mix eine gute Aufnahme ist, habe ich hier mit wenigen Handgriffen einen ordentlichen Sound in Studio ne zaubern können. Ein paar Handgriffe weiter klang es sogar so ordentlich, dass das Schlagzeug direkt so im Playback bleiben könnte – wenn ich nur besser spielen könnte … Dabei hielt sich speziell der Einsatz von EQ´s zu „Reparatur“ des Klangs erfreulich in Grenzen. OK; das Bassdrum-Mikro ist kein ausgewiesener Bass-Spezialist wie vielleicht ein Audix D6, aber bei einem Set-Preis von 99 Euro wäre das dann doch ein wenig viel verlangt. Auch der hochauflösende und angenehm unauffällige Klang eines Großmembraners als Overhead (AKG C414) oder im Raum (Neumann U87) kann hier nicht erwartet werden. Dennoch habe ich mich beim Mix nie unwohl oder in einer Sackgasse gefühlt. Der Sound lies sich sauber und ohne Probleme in die gewünschte Richtung mischen und passt damit wunderbar auch zum Sound meines Songs – Mission erfüllt!