Verzerrte Gitarren aufnehmen
Das Fundament steht, denn wir haben in den letzten Wochen bereits Schlagzeug (siehe hier) und Bass (und hier) aufgenommen. Der perfekte Zeitpunkt also, um nun die Gitarren aufzunehmen und damit unserem Song ein „echtes akustisches Gesicht“ zu verpassen. Denn erst mit der Art und Weise, wie wir die Gitarren einspielen und welche Sounds wir dabei wählen, legen wir fest, ob es tatsächlich ein Rocksong, oder eher eine Funk-Nummer oder sonstiges wird. Auf meinem Plan stehen rockige Gitarren aufnehmen und die sollen auch aufs virtuelle Band.
Das Herz jedes Rocksongs
Zwei Fragen kläre ich im Vorfeld jeder Aufnahme für mich: Welche Gitarre nehme ich und mit welchem Sound nehme ich sie auf. Sound ist für mich dabei ein Synonym für „mit welchem Amp“ nehme ich die Gitarre auf?“. Drei Optionen stehen mir persönlich dabei in meinem Homestudio zur Verfügung:
- Echte Verstärker mit Mikrofon (aufwendig, zeitraubend, klingt aber meistens gut)
- Software-Amps (klingen mittlerweile OK, sind mir aber nicht „echt“ und vielseitig genug), oder eben mein
- Kemper Profiling-Amp (klingt sehr nah am Original, spielt sich wie ein echter Amp und ist unschlagbar, schnell und vielseitig in der Soundauswahl).
Da ich mich für unseren Song hauptsächlich auf den kreativen Prozess des Spielens konzentrieren wollte, konnte ich mir die Ablenkung durch zeitaufwendiges „Mikros aufstellen“ und „den richtigen Sound suchen“ nicht zumuten. Daher fiel die Wahl sehr zügig auf meinen Kemper. Natürlich klingt dieser nicht wirklich wie ein voll aufgerissener Marshall JCM800 Silver Jubilee. Aber für meinen Geschmack und Anspruch ist er nah genug dran, um sich nicht die Mühe mit echten Amps/Mikros machen zu müssen. Das ist ungefähr vergleichbar mit der Entscheidung ob man aufwendig analog mit Mischpult und Bandmaschine aufnimmt, oder komfortabel und schnell in der DAW.
Welche Gitarre für welchen Sound?
Die einzelnen Amps hatte ich damit zwar noch nicht geklärt, aber zumindest das passende Hilfsmittel – den Kemper. Zum Einsatz kamen letztendlich ein Fender Vibroverb sowie verschiedene Sound-Abbilder eines Marshall JCM 800 – wir reden ja schließlich von einem Rock-Song. Und da durften die passenden Gitarren natürlich auch nicht fehlen:
- Fender Telecaster 52er Japan Reissue
- MusicMan Silhouette Special
- Gretsch Malcolm Young Signature
- Gretsch Jet Baritone Black Sparkle
Jede dieser Gitarren bringt ihren eigenen Sound und ihr eigenes Spielgefühl mit. Davon habe ich mich beim Spielen inspirieren lassen und insgesamt 12 Spuren eingespielt. Dabei habe ich mit der Tele und dem JCM 800 die Basis gelegt (wie auch hier zu hören und zu lesen bei der Pilot-Spur) und diese direkt mal gedoppelt. Mit der Silhouette (Vibroverb) habe ich ein paar Einwürfe aufgenommen, die verschiedene Stellen im Song dynamisch unterstützen oder hervorheben sollen. Die Gretsch brachte dann eine weitere Farbe ins Spiel und doppelt die Tele zusätzlich noch in einer deutlich höheren Lage. Und die Baritone-GItarre setzt „fette“ Akzente und doppelt an einigen Stellen, die ich im Mix des Songs dann noch sauberer und als echte Hook herausarbeiten möchte.
Gut Ding will Weile haben
So heruntergeschrieben klingt der Prozess sehr zielgerichtet und stringent. In Wirklichkeit habe ich fast 5 Stunden dagesessen und gespielt, aufgenommen, verworfen, nochmal neu ausprobiert, und so weiter! Man sollte sich vor allem Zeit, Ruhe und einen freien Kopf nehmen im Zweifel hilft es auch mal eine Pause einzulegen, denn Kreativität kann man nicht erzwingen. Mit dem Ergebnis bin ich aber zum jetzigen Zeitpunkt sehr zufrieden und habe damit eine solide Basis für einen dynamischen Mix. Anhören kannst Du Dir den Status Quo übrigens hier:
Aber nach der Aufnahme ist vor der Aufnahme und ich werde sicherlich die ein oder andere Aufnahme in den nächsten Wochen noch hinzufügen. Denn für einen großen Rocksong kann man meiner Meinung nach gar nicht genug Gitarren aufnehmen.