Nein, es gibt kein Patentrezept für einen guten Mix, das möchte ich vorwegschicken. Und auch die 5 Elemente eines guten Mixes, die ich Dir heute an die Hand geben möchte, sind kein linearer Leitfaden, an dem Du Dich in „malen nach Zahlen“-Mentalität entlang hangelst und am Ende steht der perfekte Profi-Mix. Aber ich möchte Dir eine Hilfestellung an die Hand geben, 5 Elemente oder auch Fragen, mit deren Beantwortung Du die Qualität Deines Mixer so objektiv überprüfen kannst, wie es einem subjektiven Individuum wie dem Menschen halt möglich ist.
Vorbereitung zur eigenen Mix-Beurteilung
Oft mischen wir nach Geschmack und in den schönen Tag hinein, nur um uns am nächsten Tag darüber zu wundern, was wir denn da gestern wohl gemacht oder gehört haben. Das liegt in häufigen Fällen daran, dass man ohne Orientierung mischt. Aber man muss schon wirklich viele Mixe gemacht haben und zudem sehr geschmackssicher sein, um ohne akustische Orientierung immer den passenden Sound zu treffen.
Die Referenz weist den Weg
Wenn ich hier von Orientierung schreibe, dann meine ich Referenzmusik, die dem selben oder zumindest ähnlichen Genre, der Instrumentierung, dem Tempo und Grundsound entspricht, welchen man zu erzielen sucht. Tu Dir also selbst den Gefallen, und beurteile Deinen Mix anhand der folgenden 5 Elemente nicht einfach so aus dem Bauch heraus, sondern immer auch im direkten Vergleich mit einem Referenz-Titel. Denn erst so kannst Du wirklich einschätzen, ob Du den jeweiligen Punkt im Vergleich zur professionellen Referenz überhaupt nicht, ganz OK oder gut erfüllt hast. Genug der Vorrede, kommen wir zu den 5 Elementen in einem guten Mix.
1. Balance
Die Balance zwischen den einzelnen Spuren herzustellen ist die ursprünglichste Form und der elementarste Ansatz, wenn man von einem Mix, vom Mischen oder Abmischen der Musik spricht. Hierzu benötigt man ja eigentlich nur den Lautstärke-Fader jeder einzelnen Spur. Dennoch sollte die einzelnen Signale in einem Mix immer im passenden Verhältnis zueinander gemischt sein. Der Gesang „verkauft den Song“, also ist er in der Regel am besten zu hören. Allerdings wiederum auch nicht zu laut, da er sonst nicht mehr Teil der Musik ist, sondern aufgepfropft wirkt. Alle anderen Instrumente oder Spuren haben irgendwo ihren Platz dahinter, den Du am besten im direkten Vergleich mit Deiner Referenz herausfinden oder zumindest abgleichen kannst.
Die gesunde Balance der einzelnen Signale ist die Basis eines jeden guten Mixes. Alle weiteren Punkte verfeinern den Mix, helfen aber nicht, wenn die grundsätzliche Balance nicht stimmt. Mit anderen Worten: Is die Rhythmusgitarre zu laut, hilft auch der beste Kompressor, Equalizer oder ein sonstiges PlugIn nicht weiter. Damit ist der Lautstärkeregler also Dein wichtigstes Hilfsmittel für eine ausgeglichen Balance aller Spuren untereinander.
Es sei allerdings dringend darauf hingewiesen, dass es in einem Song nicht nur eine Faderposition gibt, sondern dass ein lebendiger Song gerade davon lebt, dass einzelne Signale je nach Wichtigkeit an der jeweiligen Stelle auch mal lauter oder leiser gemacht werden dürfen und müssen. Eine ausgewogene Balance ist also kein statisches Gebilde, sondern lebt geradezu davon, dass sich die Verhältnisse immer mal wieder per Automation verändern und damit den Mix lebendig und abwechslungsreich wirken lassen.
2. Panorama
Die Erfindung von Stereo war eine tolle Sache und ermöglicht uns im Mix, Signale nicht nur mono in der akustischen Mitte, sondern ähnlich der Aufstellung einer Band auf der Bühne auch rechts und links davon zu positionieren. Neben der Balance ist also eine gute Verteilung der Signale im Stereo-Panorama ein weiteres wichtiges Element. Hierbei gibt es durchaus einige gelernte Vorgaben aus der bekannten Popgeschichte, wie zum Beispiel die, dass Bassdrum, Bass, Snare und Hauptgesang in der Regel in der Mitte des Panoramas stattfinden. Die Mitte ist ja auch der prominenteste Platz, was aber nicht bedeutet, dass man diese Vorgaben nicht auch mal getrost ignorieren oder kreativ anpassen darf.
Dennoch sind die Hörgewohnheiten der Zuhörerschaft natürlich nicht egal und immer einen Blick auf die Referenz wert. Man kann aber das Panorama nicht nur dazu nutzen, Signale einfach nur zu positionieren. Das Panorama gibt uns auch die Möglichkeit Signale akustisch voneinander zu separieren. Nimm zum Beispiel zwei Gitarren, die sich mono in der Mitte gegenseitig überlagern und maskieren. Zusammen und er Mitte kannst Du sie akustisch nicht wirklich unterscheiden. Schiebst Du aber eine davon im Panorama nach links, die andere nach rechts, trennst Du sie voneinander. Beide sind nicht nur besser zu hören, der Klangeindruck im Mix wird insgesamt breiter, interessanter und damit besser.
3. Frequenzspektrum
Ein guter Mix zeichnet sich über ein ausgeglichenes Klangbild über das gesamte Frequenzspektrum aus. Hier sollten im Idealfall keine „Löcher“, aber noch weniger deutliche Überbetonungen vorhanden sein. Zum einen Maskieren, also überdecken sich einzelne Signale, wenn sie alle im selben Frequenzspektrum aktiv sind. Zum anderen können so aber auch nervige Überbetonungen entstehen, die dafür sorgen, dass ein Mix zu basslästig, zu spitz in den Höhen, zu nervig in den Mitten und so weiter klingt.
Das beste Werkzeug für einen frequenztechnisch ausgeglichene Mix ist der Equalizer. Sind mehrere Signale im selben Frequenzspektrum vertreten, sollte man daher entscheiden, welches dieser Signale am wichtigsten für den Song ist. Den anderen Signalen kannst Du dann mit einem Equalizer und einer gezielten Absenkung in diesem Frequenzbereich die „Wichtigkeit“ nehmen. Trennst Du so die sich überlagernden Signale voneinander, gibst aber jedem auch über eine leichte Anhebung in einem anderen Frequenzbereich ein eigenes „Spielfeld“ in dem er Präsent sein darf, entsteht mit der Zeit ein sehr klares und ausgeglichenes Klangbild, in dem jedes Signal seinen Platz im Frequenzspektrum hat, ohne andere zu überlagern oder sogar einzelne Frequenzbereich überzubetonen.
4. Dynamik
Bezieht man den Begriff Dynamik auf die einzelnen Signale, so möchte man erreichen, dass alle Signale immer und gut zu hören sind. Mit der Balance aus Punkt 1 haben wir ja hier ein gutes Mittel jedem Instrument seinen Platz im Mix einzuräumen. Dennoch ist beispielsweise die Stimme ein sehr dynamisches „Instrument“. Sie singt mal lauter, mal leiser und ist damit in einem Mix manchmal besser, manchmal schlechter oder sogar gar nicht mehr zu hören. Speziell Endsilben von einzelnen Wörtern oder Zeilen gehen so schnell mal verloren. Die Dynamik dieser Stimme oder auch anderer Signale so zu kontrollieren, dass sie immer und gleichmäßig im Mix zu hören sind, ist also ein weiterer wichtiger Punkt.
Hier ist sicher als wichtigste Werkzeuge der Kompressor oder seine Extremversion der Limiter zu nennen. Damit lässt sich die Dynamik der Signale, also das Verhältnis zwischen der leisesten und der lautesten Stelle, gut und gezielt kontrollieren. Dabei sollte der Dynamikbereich um so kleiner sein, je mehr Instrumente oder Signale im Mix aktiv oder beteiligt sind. Ist ja auch logisch: Spielen viele Instrumente oder Spuren gleichzeitig, ist die Chance deutlich höher, dass leisere Teile überdeckt Weden und untergehen, als wenn man in einem luftigen Jazztrio eine Ballade spielt, die nicht mehr als 4 Instrumente inklusive Gesang enthält!
Die gezielte Dynamik-Kontrolle der Einzelsignale ist also ein wichtiges Mittel, um sicherzustellen, dass jedes Signal im Mix seinen Platz nicht nur mithilfe der Balance findet, sondern auch behält und damit hörbar bleibt!
5. Tiefe bzw. Dimension
Tiefenstaffelung ist für viele von uns oftmals der am schwierigsten zu beeinflussende Faktor, da sie nicht mal eben mit nur einem Knopf beeinflusst werden kann, wie zum Beispiel das Panorama. Welche Knöpfe und Faktoren man hierbei benötigt und einstellen kann, habe ich schon mal ausführlich an dieser Stelle beschrieben (5 Parameter zur besseren Tiefenstaffelung). Daher geht es hier jetzt mehr um die Wichtigkeit einer guten und glaubwürdigen Tiefenstaffelung oder anders gesagt: Der dritten Dimension in Deinem Mix.
Der klassische und einfachste Weg sich die Tiefenstaffelung im Song vorzustellen is das Bild einer echten Band auf der Bühne: Sänger/Sängerin steht in der Regel vorne, hat also den geringsten Abstand zum Zuhörer. Dahinter Bass, Gitarre und Piano auf einer Höhe, zuletzt das Schlagzeug. Dies allerdings weniger aus Gründen der Relevanz, sondern weil das Schlagzeug sowohl in der Band als auch im Orchester zu den lautesten Instrumenten gehört, aber das nur am Rande.
Aber auch ohne das Bild der Band bleibt übrig, dass das wichtigste Element im Song (meist der Gesang) akustisch „vorne“ steht, die weniger prominenten Instrumente dahinter folgen. Die Schwierigkeit eine glaubwürdige Tiefenstaffelung zu erzeugen zeigt sich darin, dass erst die geschickte Kombination aller 4 vorgenannten Punkt plus eine räumliche Komponente hier zum Ziel führt. Hall und Delay-Effekte sind hier also neben Lautstärke, Panorama, EQ und Dynamik das fehlende Mittel der Wahl. Gerade hier ist es enorm hilfreich immer wieder im direkten Vergleich mit dem Referenztitel zu hören, wie dort die Tiefenstaffelung ist, welcher und wieviel Hall oder Delay auf den einzelnen Signalen ist und wie laut, leise, dumpf, hell oder auch wo im Panorama die einzelnen Instrumente erklingen.
Alles beeinflusst Alles
Speziell die Tiefenstaffelung zeigt, dass der ganze Weg zu einem guten Mix nicht statisch verläuft, sondern sich alle Punkte gegenseitig beeinflussen. Daher gilt es den Mix immer wieder auf diese 5 Punkte hin zu überprüfen. Gönn Dir also auch an bestimmten Punkten im Mix mal die Abfrage und den Vergleich der oben genannten Punkte mit der Referenz Deiner Wahl. So kannst Du sicher sein, dass Du nie Dein Ziel aus den Augen verlierst und Dich nicht durch zu langen Blindflug im Mix komplett verrennst. Denn unser Ohr gewöhnt sich so schnell auch an schlechte Mixe, dass man im Zweifel noch nicht mal merkt, dass man komplett in die falsche Richtung läuft. Sind aber Balance, Panorama, Frequenzverteilung, Dynamik und Tiefenstaffelung ausgewogen und glaubwürdig, steht einem guten und professionellen Mix nichts im Wege!