Kompressor erklärt Teil 1: Der Kompressor, das unbekannte Wesen

Ich stelle fest, dass ich mich immer noch mit gehörigem Respekt dem Thema Kompression nähere und immer wieder auf´s Neue lerne, wie man den Kompressor benutzt, oder auch, wo man ihn weglassen kann, weil man ihn nicht braucht oder eine simple Anhebung des Levels mehr bringt. Und weil man einen Angstgegner nur bezwingen kann, wenn man sich mit ihm stellt, ist dies also Teil 1 meiner kleinen Mini-Serie mit dem schönen Titel „Compressor Basics“. Da es hier zunächst aber um die Funktionsweise des Kompressors gehen soll, gibt es die praktischen Beispiele nächste Woche, jetzt aber erst mal rein ins kalte Wasser!

Da stellen wir uns mal ganz dumm …

Was ist also ein Kompressor? Am Einfachsten kann man den Kompressor wohl als einen automatischen Lautstärkeregler begreifen. Man teilt ihm einen gewissen Pegel mit, und alles was lauter ist, soll er bitte leiser machen. So kann man mit einem Kompressor also Ausreißer beim Pegel schnell einfangen, ohne dass man ständig mit der Hand selber nachregeln muss – das nenne ich mal praktisch!

Die fantastischen Vier

Mit Threshold, Ratio, Attack und Release sind die vier wichtigsten, aber auch verwirrendsten Parameter benannt, die beim Einstellen eines Kompressors in der Regel genutzt werden. Hinzu gesellt sich sich noch Gain (oder Makeup-Gain), der sich am Ende dieses Artikels sogar fast von selbst erklärt. Wenn man sich den Kompressor nun mal aus der Sicht des Signalflusses vornimmt, ist es schon gar nicht so kompliziert:

Auf die Plätze, fertig, los!

Das Signal kommt also im Kompressor an. Über den Threshold sagt man dem Kompressor zunächst einmal, bis zu welchem Pegel er gar nichts machen soll. Die meisten Kompressoren haben eine Anzeige für die Pegelreduktion (Gain-Reduction), die hier als sehr guter Anhaltspunkt dienen kann. Man wählt also eine aussagekräftige Stelle im Track und regelt den Threshold so weit herunter, bis die Anzeige irgendwas um 4 db Pegelreduktion anzeigt. Das ist natürlich nur ein Anhaltspunkt und hängt vom Ausgangsmaterial ab, ist aber ein guter Startpunkt.

Rationales

Als nächstes teilt man dem Kompressor über den Ratio-Regler (Kompressionsverhältnis) mit, wie stark das Signal, welches lautstärkemäßig oberhalb des Threshold liegt, zusammengestaucht (komprimiert) werden soll. Nehmen wir einen „Überschuss“ von zum Beispiel 4 db, so macht der Kompressor bei einer Ratio von 2:1 aus 4 db nur noch 2 db Überschuss, bei 4:1 sind es 1 db, bei 10:1 0,4 db und bei 20:1 nur noch 0,2 db! Man erkennt also sehr schön, wie man über die Ratio die Restdynamik des Signals steuern kann.

Attackeeeee

Nun kann man mit dem Attack-Regler einstellen, wie schnell der Kompressor das überschüssige Signal einbremsen soll. Man kann sehr schnelle Reaktionszeiten einstellen, wie zum Beispiel 0,1 ms (Millisekunden), die quasi jede noch so kleine Überschreitung des Threshold sofort komprimieren, man kann aber auch langsamere Zeiten (10 ms und mehr) einstellen, die zunächst einen Teil des lauteren Signals ungehindert passieren lassen, und dann erst komprimiert. Beides hat seinen Grund und seine Berechtigung und ist vom jeweiligen Signal abhängig.

Let it go ….

Bleibt noch die Release-Zeit. Diese gibt an, wie schnell der automatische Lautstärkeregler nach der Kompression wieder auf den ursprünglichen Level gestellt wird. Auch hier hat man die Wahl zwischen ultrakurzen Reaktionszeiten oder eher gemächlicheren Gangarten und wieder hängt beides vom Ausgangssignal ab. Als Beispiel sei hier aber mal eine in Vierteln gespielte Bassdrum genannt. Man sollte entsprechend dem Songtempo die Release-Zeit so einstellen, dass die Pegelreduktion kurz vor dem nächsten Kick wieder auf 0 steht. So erreicht man, dass jeder Schlag individuell komprimiert wird und ein gleichmäßiger Kick-Pegel aus dem Kompressor kommt.

Lauter oder leiser?

Und nun zur oft diskutierten Frage, ob ein Kompressor das Signal lauter oder leiser macht? Die Antwort ist wie so oft: Beides! Zunächst einmal fängt der Kompressor ja Pegelspitzen des Signals ab und reduziert damit die Lautstärke (und Dynamik) an diesen Stellen. Da aber nur das Signal oberhalb des Threshold reduziert wird und eben nicht das gesamt Material, bekommt man nun die Möglichkeit, den Gesamtpegel des Signals um die Menge anzuheben, um die die Pegelspitzen komprimiert wurden. Hierzu verwendet man den oben erwähnten Regler Gain (oder Makeup-Gain).

Ende gut, alles gut!

So kommt es, dass der Kompressor zwar zunächst die Spitzen des Signals leiser macht, man aber anschließend das Signal um genau diesen reduzierten Wert anheben kann. Damit werden vor allem die leiseren Passagen des Signals im Pegel angehoben und sind nicht nur besser hörbar, sondern die Spur ist damit insgesamt einfacher und mit einem konstanteren Pegel im Mix platzierbar – tolles Ding, so ein Kompressor!

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