1 Mikro, 1 Song – Vocals aufnehmen und mischen | Folge #05

Von Jonas  |  1 Mikro, 1 Song 

Alle Instrumente sind im Kasten, kommen wir also zur Königsdisziplin: den Vocals! Nicht Wenige behaupten ja, dass man gute Vocals (wenn überhaupt) nur im „echten“ Studio und mit folgender Kette gut aufnehmen kann: U47 (fet)/C12/U-87  und dazu wahlweise Neve 1073 / Universal Audio 6176 / Avalon 737-Preamp. Alles Klassiker und alles gut, ABER: wenn die Magie vor dem Mikro nicht stimmt, dann nutzt auch die beste 15.000 Euro-Kette nix.

Ich kann auch anders …

Nochmal: die vorgenannte Aufnahmekette ist natürlich der Wahnsinn und nicht zu Unrecht der „feuchte Traum eines jeden Gear-Junkies“. Aber die Realität für uns alle sieht nicht ganz so glamourös, aber nichtsdestotrotz rosig aus. Denn die Qualität heutiger Mikrofone und Interfaces lässt es durchaus zu in wirklich guter Qualität auch schon für 200 Euro aufzunehmen. Und wenn dann die Performance vor dem Mikro auch noch stimmt, ist das schon mehr als die halbe Miete. Gotye soll bei seinem Titel „Somebody I used to know“ sogar einige Background-Vocals direkt über das Mikro in seinem Macbook eingesungen und (!) für den finalen Mix behalten haben – geht doch 🙂

Ohne Popschutz

Im Studio-Set, das mir zur Verfügung stand, war kein Popschutz enthalten, sodass ich das Mikro leicht angewinkelt und oberhalb meines Mundes angebracht habe. Die Membran zeigte damit auf meinen Mund, die Luft meines Gesanges ging aber direkt unterhalb des Mikros an der Kapsel vorbei. Poplaute waren also schon mal ausgeschlossen und so landeten neben zwei Hauptstimmen für Strophe und Refrain auch noch 3 Dopplungen und 5 Chorspuren auf der Festplatte.

Ordnung ist das halbe Leben

In der Strophe habe ich die Hauptstimme durch eine dezente Mono-Dopplung in der Mitte etwas fetter gemacht, im Refrain waren es sogar 2 Dopplungen hart links/rechts und mit ordentlich Delay drauf, die mir halfen speziell im Refrain einen „larger-than-life“-Effekt für meine Stimme zu erzielen. Als PlugIns kamen auf den Haupt-Gesangssuren nur Compressor, EQ, Delay, Reverb und auf einer parallel-Spur noch ein wenig Saturation zum Einsatz. Speziell die Saturation nutzte ich um meiner Stimme ein wenig mehr Dreck und Energie zu verpassen. Und da Studio One keinen dedizierten DeEsser mit an Bord hat, wurde eine Compressor-Instanz auch noch zum DeEsser umfunktioniert.

Und jetzt alle im Chor

Die Chorstimmen wurden alle in der Mitte belassen und individuell nur mit ein wenig EQ an den Gesamtsound des Chors angepasst. Alle Spuren führten von da auf einen Koa-Bus (ja KOA ist richtig, so heißt der Bus bei mir 😉 )!. Auf diesem Bus wurden dann alle Spuren zusammen mit Kompressor, noch einem als DeEsser und EQ geformt und dann auf die Linke Seite gepannt. Dann wurde das Signal noch mal PreFader (und damit auch Pre-Pan) auf einen separaten Bus geschickt, der nur mit einem Delay bestückt das gleiche Signal auf der rechten Seite um gut 20 ms verzögert auch ausgab. So bekam ich einen fetten und breiten Stereo-Koa ohne jede Stimme noch mal doppelt einsingen zu müssen.

Dynamik im Arrangement

Die Dynamik des Backgrounds habe ich übrigens nicht per Volume-Automation, sondern schon beim Einsingen mit eingebaut. Quasi natürliche Dynamik, die ich dadurch erzielte, dass ich immer da ein wenig lauter gesungen habe, wo die Hauptstimme nicht gesungen hat und es sich vom Song her anbot. so kann man das Arrangement direkt schon bei der Aufnahme interessant und dynamisch und abwechslungsreich gestalten.

Soweit der grobe Überblick, den Ihr durch einen Blick ins Video noch mal deutlich vertiefen könnt, denn wie sagt man so schön? Richtig: „Das Auge hört mit“ 🙂

https://youtu.be/t96ILbzVaOw

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